Hof – Es sind
Sommerferien. Doch für manchen Schulabgänger sind diese Wochen keine
Zeit der Entspannung. Wer jetzt noch keine Lehrstelle hat, muss sich
ranhalten. Das Ausbildungsjahr beginnt im September. Wichtigste
Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung sind gute Noten – auch
im Handwerk, wie Kreishandwerksmeister Christian Herpich betont.
Zudem können ordentliche Umgangsformen nicht schaden.
Herr Herpich, Handwerk scheint in Bayern
goldenen Boden zu haben, auch wenn sich die Konjunktur derzeit
eintrübt. Heinrich Traublinger, der Präsident des Bayerischen
Handwerkstages, jedenfalls ist zuversichtlich. Wie sieht es bei uns
aus, in Stadt und Landkreis?
Christian Herpich: Wenn man sich die Statistik
der vergangenen Jahre anschaut, muss man sagen, dass die Zahl der
Beschäftigten und der Lehrlinge in Oberfranken zurück gegangen ist.
Erfreulich aber ist, dass sich die Zahl der Lehrstellen im Bereich
der Kreishandwerkerschaft Stadt und Landkreis Hof sowie Landkreis
Wunsiedel gegenüber dem Jahr 2007 erhöht hat, um 250. Das entspricht
einer Steigerung um 6,4 Prozent. Das ist in ganz Bayern ziemlich
einmalig. Ein Trend, der auch in Oberfranken zu beobachten ist, auch
dort ist die Zahl der Lehrstellen gestiegen, um 1241 im Vergleich
zum Vorjahr. Das sind 5,2 Prozent.
Trotzdem sind nicht alle Suchenden versorgt.
Weder die, die gerade die Schule beendet haben, noch die, die seit
längerer Zeit auf der Suche sind. Warum?
Das hat zum einen seine Ursache darin, dass
Betriebe nur beschränkt ausbilden, oder, weil es etwa
Ein-Mann-Betriebe sind, gar nicht ausbilden dürfen. Ich kann nur
appellieren, auszubilden, denn wir müssen den Abwanderungstrend
aufhalten. Die jungen Leute, die wir heute hier in der Region
ausbilden, werden unsere Kunden von morgen sein. Wer erst einmal
weggeht, der kommt nur ganz selten zurück.
Aber es liegt wohl auch
an den Jugendlichen? Sie selbst sind Chef von 50 Beschäftigten,
bilden aus. Welche Erfahrungen machen Sie?
Das ist sehr unterschiedlich. Ich möchte das
nicht über einen Kamm scheren. Es gibt Jugendliche, die haben gute
Noten und wissen, worauf es ankommt. Und dann sind da auch solche,
die schlechte Noten haben oder gar keinen Abschluss und deren
Umgangsformen dann oftmals zu wünschen übrig lassen. Ein Mädchen,
das Verkäuferin lernen will und das Gesicht voller Piercings hat,
das wird es schwer haben.
Sind Noten so entscheidend?
Wissen Sie, früher gab es in Hof ja viele
Arbeitsplätze in der Textilindustrie. Da konnten auch Ungelernte
Arbeit finden. Aber das ist heute vorbei. Nur wer qualifiziert ist,
hat eine Chance. Und wer richtig gute Noten hat, um den reißen sich
die Arbeitgeber. Denn der Erfolg und die Zukunft eines
Handwerksbetriebes steht und fällt mit gutem Personal.
Apropos Zukunft. Sehen Schüler im Handwerk
Zukunft? Oder streben zu viele nach einem höheren Bildungsweg?
Das Handwerk wird sehr unterschiedlich
wahrgenommen. Es gibt Berufe, die sehr beliebt sind. Andere sind
weniger gefragt, Bäcker zum Beispiel oder Metzger. Aber es ist schon
so: Jemand mit Abitur oder mit einer guten Mittleren Reife will
nicht ins Handwerk.
Dabei haben sich die Berufsbilder doch
gewandelt. Und bekannt müsste sein, dass man mit entsprechendem
Engagement nach der Ausbildung durchaus weiterkommen kann.
Die Veränderungen werden meiner Ansicht nach
noch zu wenig kommuniziert. Eine Lebensmittelfachverkäuferin muss
heute nicht mehr nur hinter der Theke stehen. Wenn etwa der Betrieb
einen Partyservice anbietet, kann sie bedienen, kommt raus, ist
unter Menschen. Wobei die Möglichkeiten je nach Betrieb variieren,
das muss man sagen. Auf der anderen Seite: Es ist durchaus bekannt,
dass studieren kann, wer einen Meisterbrief vorlegt. Es gibt viele
Chancen, vorwärts zu kommen. Und Erfahrung in der Praxis nachweisen
zu können, das kommt immer gut an.
Wie wird sich die Situation in Zukunft
gestalten?
Die Zahl der Mitglieder in den Innungen wird
weiter zurückgehen. Kleinstbetriebe werden es schwer haben, nur wer
innovativ und sehr serviceorientiert ist, kann überleben. Das
handwerkliche Geschick aber wird von größter Bedeutung sein. Und es
ist zu befürchten, dass die Zahl der Beschäftigten und der Azubis
rückläufig bleiben wird. Das Gespräch
führte
Ilsabe Weinfurtner
www.frankenpost/azubis
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