Von Kerstin Dolde
Hof –
Erschütterung, Kritik, harsche Ausdrücke und eine Weigerung, der
Vorlage zuzustimmen: Der einzig öffentliche Tagesordnungspunkt der
gestrigen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses sorgte für eine
lange Debatte. „Ausgabenmehrungen beim Vollzug zwingender
gesetzlicher Vorschriften“ war der Punkt übertitelt, dahinter
verbarg sich die Bekanntgabe der Stadtkämmerei über
Mittelbereitstellungen. Stolze 350 000 Euro mussten durch
Mehreinnahmen oder Sperrung anderer Haushaltsstellen für die Jugend-
und Sozialhilfe bereitgestellt werden. Wie Kämmereileiter Peter
Fischer betonte, sei der Stadtrat bereits am 3. November informiert
worden, inzwischen seien weitere Mittelbereitstellungen durch den
Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner angewiesen worden. „Und es
gibt weitere Anfragen, die nicht mehr über Mehreinnahmen oder
Sperrtitel abgefangen werden können“, erklärte Fischer.
Der Oberbürgermeister erinnerte das Gremium an
die Debatte, die jüngst in Sachen Sportförderung geführt worden sei
(wir berichteten ausführlich). CSU-Stadtrat Wilfried Anton zeigte
sich erschüttert: „Wir entwickeln uns in der Stadt Hof zu einer
Sozialstelle“, sagte er, er wolle dem nicht zustimmen, auch wenn es
gesetzlich vorgeschrieben sei. „Die Anforderungen an die Stadt
steigen und steigen, für die Vorsorge ist kein Geld da – und niemand
hilft uns.“ Anton forderte eine Koalition im Städtetag gegen die
„reichen Kollegen, die Geld mit vollen Händen ausgeben können“,
damit auch ärmere Städte wie Hof Gehör fänden.
„Ich verstehe, wenn Sie ein Zeichen zivilen
Ungehorsams setzen wollen“, antwortete der OB auf die Ankündigung
zum „Nein“, „aber die Verwaltung hat keinen anderen Weg.“
Anton bekam jedoch das Verständnis aus allen
Fraktionen. FAB-Chef Joachim Dumann erklärte nicht ohne Süffisanz,
dass künftig die neue Europa-Kandidatin aus Oberbayern sicher
Kontakte knüpfen werde, die man nutzen könne. Karola Böhm, SPD,
erklärte, dass der Handlungsspielraum der Städte erhalten bleiben
müsse, auch wenn gesetzliche Vorgaben zu erfüllen seien. Dr. Gisela
Strunz, CSU, forderte ein, dass der Gesetzgeber das Recht ändern
müsse. „Der politische Appell ist nötig, wir müssen ein Zeichen
setzen!“ Günter Merkel, SPD, und CSU-Chef Wolfgang Fleischer mahnten
an, dass der Fehler im System liege. Bettina Zschätzsch betonte,
dass Mittel bei der Prävention oft wirksamer seien.
„Werden wir wirklich ein Sammelbecken für
Sozialfälle anderer Bundesländer?“, fragte Jürgen Knieling, CSU.
Bürgermeister Eberhard Siller rief die Gremiumsmitglieder zur Räson:
„Hinter diesen Haushaltsstellen stehen doch Menschen, denen geholfen
werden muss. Und, bedenken Sie, in Deutschland herrscht
Freizügigkeit. Wir können niemandem den Zuzug verwehren!“
Siller bekräftigte, dass im kommenden Jahr die
Ansätze im Sozialetat nach oben geschraubt werden müssten. „Gerade
auch, wenn wir keinen genehmigungsfähigen Haushalt bekommen. Wir
gehen immer zu blauäugig mit dem Prinzip Hoffnung an unseren Etat
heran. Das geht so nicht weiter.“ Bereits im kommenden Jahr werde
der Bund weniger Mittel für die Unterkünfte bei Hartz-IV-Empfängern
zuschießen. „Dann bleiben wir auf weiteren 300 000 bis 400 000 Euro
sitzen, die wir zahlen müssen.“ |