Aktuelles
Erschienen in der Frankenpost am 19.12.2011 

Die bayerische Gemeindeordnung trifft in mehreren Artikeln klare Aussagen zu den Aufgaben und zum Zusammenwirken des ersten Bürgermeisters – in Hof Oberbürgermeisters –, des Stadtrats und der Verwaltung.

Kritik an Informationspolitik

 

Die Stadträte sehen es als ihre Pflicht, bei Kostenerhöhungen kritisch nachzufragen. Stadtdirektor Pischel verteidigt die Vorlagen der Verwaltung - und erhält ein empörtes Echo.

 
 
Von Jan Fischer

 

Hof - In der letzten Stadtratssitzung des Jahres ist es zu einer spannenden Diskussion über die Informationspolitik der Stadtverwaltung gekommen. Ausgangspunkt war die Kostenerhöhung bei den Baumeisterarbeiten an der Münsterschule. Wie berichtet, hatte Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner den Architekten Ulrich Thies in die Sitzung vorgeladen. Zuvor hatte die Verwaltung dem Bauausschuss des Stadtrats nur auf einer DIN-A 4-Seite die Ursachen der Kostenerhöhung dargelegt - dies war auf heftige Kritik im Ausschuss gestoßen. Stadträte und OB wünschten sich detaillierte Erläuterungen.

Und die bekamen sie auch vom Architekten, der - wie am Samstag berichtet - jeden einzelnen Grund, der zur Kostenerhöhung in diesem Gewerk geführt hatte, auflistete. Nach diesem Vortrag bedankte sich Fichtner beim Architekten und der Firma Peetz aus Zedtwitz, die die Baumeisterarbeiten ausgeführt hatte. Besonders hob er hervor, dass die Gesamt-Bausumme für das Millionenprojekt den vorgegebenen Kostenrahmen sogar unterschritten habe. Dann ging der Rathauschef nochmals auf die Bauausschuss-Sitzung und ihre Folgen ein: "Ich bedauere es, wenn durch Diskussionen und Veröffentlichungen ein falscher Eindruck entstanden sein sollte."

Mit diesem Satz zog sich der Oberbürgermeister den Unmut von Rainer Kellner (SPD) zu; er hatte im Bauausschuss geäußert, dass er eine solche Kostensteigerung "noch nie" erlebt habe. Die übrigen Bauausschuss-Mitglieder und Fichtner hätten seinen Ausführungen kopfnickend zugestimmt, sagte Kellner. Und die Vorladung des Architekten sei sogar eine Empfehlung des OB gewesen.

Der Stadtverwaltung warf der SPD-Rat "mangelhafte Vorbereitung" vor. Hätte es gleich im Bauausschuss eine detaillierte Vorlage zu der "eklatanten Steigerung" gegeben, hätte Architekt Thies nicht vor dem Stadtrat Rede und Antwort stehen müssen. Der Aussage, die Gesamtsumme für die energetische Sanierung habe sich nicht erhöht, misst Kellner nach eigenen Worten keine große Bedeutung bei: "Man hätte ja vielleicht auch sparen können in einzelnen Gewerken." Später räumte OB Fichtner auch ein, dass die Vorlage für den Bauausschuss "etwas zu kurz" ausgefallen sei.

Jochen Ulshöfer (CSU) sagte: "Auftragserweiterungen sind immer ärgerliche Angelegenheiten." Deshalb sei es richtig, kritisch nachzufragen. Der Architekt habe die Mehrkosten für die Baumeisterarbeiten plausibel dargelegt. Ulshöfer nannte es positiv, dass die Bausumme günstiger ausfiel und das Projekt schneller als gedacht fertig war.

Darauf legte auch Architekt Ulrich Thies Wert: In seinem Vertrag spielten die Faktoren Zeit, Qualität und Preis die entscheidenden Rollen. Alle drei Punkte habe er erfüllt. "Der Erfolg gibt uns recht."

FAB-Fraktionschefin Gudrun Bruns betonte, es sei Pflicht des Stadtrats, bei solchen Kostenmehrungen kritisch nachzufragen. Auch CSU-Fraktionschef Wolfgang Fleischer sagte, die Fragen Kellners seien berechtigt gewesen. "Ich würde mir wünschen, solche Übersichten von anderen Architekten zu erhalten."

Die Reaktionen von Bürgern auf Kostenerhöhungen gab Reinhard Meringer (SPD) wieder: "Ihr müsst doch blöd sein!", heiße es oft in Gesprächen. Er wünschte sich daher eine transparente Darstellung der Ursachen für Mehrkosten.

Zum Ende der Diskussion verlas Stadtdirektor Franz Pischel die Beschlussvorlage - nicht ohne die Verwaltung gegen Vorwürfe in Schutz zu nehmen: Zu insgesamt drei Auftragserweiterungen bei den Baumeisterarbeiten habe die Stadt drei Vorlagen mit mehreren Erläuterungen erarbeitet. "Dass Sie nicht wussten, worum es geht, kann ich mir nicht vorstellen." Im Übrigen verwies er darauf, dass bei anderen Projekten der Kostenrahmen nicht eingehalten worden sei. Danach kam es zum einstimmigen Beschluss.

In seiner Rede zum Jahresabschluss ging Joachim Dumann (FAB) auf die Worte Pischels ein. Er forderte von der Stadtverwaltung mehr Informationen und Transparenz ein. Denn die ehrenamtlichen Stadträte müssten oft über Angelegenheiten entscheiden, für die sie nicht ausgebildet seien. Umso wichtiger sei es, klare Informationen zu haben, und diese müssten von der Verwaltung kommen. "Wir wollen kein Abnick-Gremium sein", betonte Dumann.

Art. 29

Hauptorgane

Die Gemeinde wird durch den Gemeinderat verwaltet, soweit nicht der erste Bürgermeister selbstständig entscheidet.

Art. 30

Rechtsstellung; Aufgaben des Gemeinderats

(3) Der Gemeinderat überwacht die gesamte Gemeindeverwaltung, insbesondere auch die Ausführung seiner Beschlüsse.

Art. 36

Vollzug der Beschlüsse des Gemeinderats

Der erste Bürgermeister führt den Vorsitz im Gemeinderat und vollzieht seine Beschlüsse.

Art. 37

Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters

(4) Der erste Bürgermeister führt die Dienstaufsicht über die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Gemeinde.

Art. 46

Geschäftsleitung

(1) Im Rahmen der Geschäftsordnung leitet und verteilt der erste Bürgermeister die Geschäfte.

(2) Der erste Bürgermeister bereitet die Beratungsgegenstände vor. Er beruft den Gemeinderat unter Angabe der Tagesordnung mit angemessener Frist ein, erstmals unverzüglich nach Beginn der Wahlzeit.

(Aus der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern) Grafik: Frankenpost

Förderung für Gesamtprojekt bleibt unverändert
Die enorme Steigerung der Kosten für die Baumeisterarbeiten an der Münsterschule ändert nichts an den Fördermitteln, die aus dem Konjunkturpaket II der Bundesregierung fließen. Darauf wies Kämmereileiter Peter Fischer im Stadtrat hin. In diesem Förderprogramm sei nur dann eine Mitteilungspflicht vorgesehen, wenn es "Abweichungen von grundsätzlicher Bedeutung" gebe. So müssten in der Kostengruppe 300 im Gesamtprojekt Erhöhungen von mehr als 20 Prozent anfallen.

Architekt Ulrich Thies machte auf den Faktor Zeit aufmerksam: Projekte, für die Konjunkturmittel zur Verfügung stehen, müssten bis Ende 2011 abgerechnet sein. Hätte man einzelne Gewerke neu ausgeschrieben, hätte man "Monate verloren".

 

Kommentar Chefsache

 Der Hofer Stadtrat musste sich in diesem Jahr mehr denn je mit dem Thema Kostenerhöhung befassen. Neben der Freiheitshalle sind die Baumeisterarbeiten an der Münsterschule ein weiteres Beispiel für eine Kostenexplosion. Die Reaktionen aus der Bevölkerung – unter anderem nachzulesen im Frankenpost -Internetforum – zeigen, dass die Bürger immer weniger dazu bereit sind, solche Steigerungen hinzunehmen. Die Räte übrigens auch nicht. Nur stoßen die ehrenamtlichen Stadtratsmitglieder in puncto Zeitaufwand und Sachkunde gelegentlich an ihre Grenzen. Da sie aber die Arbeit der Verwaltung überwachen und Entscheidungen von großer Tragweite treffen müssen, brauchen sie dringend viele Informationen. Das heißt: In haushaltslosen Zeiten wie diesen sollten alle Beteiligten dafür sensibilisiert sein, stets die Finanzen der Stadt im Blick zu haben. Es kann trotz der Personalnot in der öffentlichen Verwaltung nicht sein, dass die Mitarbeiter in den Sitzungsvorlagen keine konkreten Ursachen für extreme Kostenentwicklungen nennen und dass ein Architekt deswegen vor dem Stadtrat in einer Verteidigungsposition auftreten muss. Die Erläuterungen müssen von vornherein lieber zu ausführlich als zu dünn ausfallen. Im Übrigen sollte klar sein, dass sich Kritik gegen die Verwaltung direkt gegen den Oberbürgermeister richtet. Denn er ist für die Verwaltung verantwortlich – und somit auch für deren Informationspolitik gegenüber dem Stadtrat. Insofern sollte der Rathauschef diese Aufgabe noch mehr als bisher als echte Chefsache begreifen. Jan Fischer

  •  Hinweis der CSU-Fraktion: Dieser Artikel ist ein klarer Beleg dafür, wie einige SPD-Räte die Frankenpost /Hofer Anzeiger für den OB-Wahlkampf instrumentalisieren

 

 

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