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Erschienen in der Frankenpost am 09.02.2011 

Ein Blick in die Statistik zeigt: Die Nettoausgaben der Stadt Hof für Rentner mit niedrigen oder gar keinen Renten steigen kontinuierlich an. Im Moment verteilen sie sich auf 550 "Fälle" - etwa 50 Erwerbsunfähige sowie 500 Rentner, die zusätzlich zu ihrer Rente auf Unterstützung angewiesen sind. Der Kostensprung zwischen den Jahren 2004 und 2005 ist auf das Inkrafttreten des Hartz-IV-Gesetzes zurückzuführen.

Grafik: Juravel  

Das große Rechnen beginnt

 
Die Koalition in Berlin streitet darüber, ob der Bund die Kosten künftig trägt. In Hof haben die Verantwortlichen die Taschenrechner längst gezückt. Sollte es so kommen, könnte die Stadt über zwei Millionen Euro sparen. Andere Belastungen wie das Bildungspaket schmälern die Ersparnis aber enorm.

Von Susanne Glas

Hof - In Berlin wird das Geschacher um die Hartz-IV-Reform immer undurchsichtiger. Und in Hof wechseln Hoffen und Bangen wie die Höhen und Tiefen auf der Achterbahn. Zumindest im Büro von Sozialbürgermeister Eberhard Siller. Immerhin könnten die Macher in der Hauptstadt den Kommunen eine schwere Last von den Schultern nehmen. Mit ihrem Vorschlag, sie künftig von den Kosten für die sogenannte "Grundsicherung im Alter" zu entlasten und diese stattdessen aus dem Bundes-Portemonnaie zu bezahlen, hat die Koalition vielen Rathauschefs den Mund wässrig gemacht. Vor allem jenen, die den Rotstift seit Langem auf jedem Aktenstapel liegen haben. Die Hofer Stadtväter gehören dazu. Und deshalb schlägt Siller die Zeitung in diesen Tagen erwartungsfroh auf. "Wenn die Regierung das beschließt, könnten wir jährlich über zwei Millionen Euro sparen", sagt er.

Im Laufe der vergangenen Jahre habe sich diese Altersgrundsicherung nämlich zu einem dicken Brocken auf der Ausgabeseite des Haushalts entwickelt. Zahlte die Stadt Hof im Jahr 2004 noch knapp 738 000 Euro aus, musste sie im vergangenen Jahr 2,135 Millionen berappen. Empfänger sind all jene, die durch das Hartz-IV-Raster fallen: erwerbsunfähige Menschen oder aber - und das ist die breite Masse - Rentner, deren Geld hinten und vorne nicht reicht. Insgesamt, das erklärt Klaus Lippert, Fachbereichsleiter Jugend und Soziales im Rathaus, zahle die Stadt derzeit in 550 "Fällen" - in 50 wegen Erwerbsunfähigkeit, in 500 an Rentner.

Niedrige Renten

"Und die Zahl steigt", sagt er. Überraschend sei das nicht. Durch das verhältnismäßig niedrige Einkommen in einer lange Zeit von der Textil- und Porzellanindustrie geprägten Region, seien die Renten ohnehin auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Seit Jahrzehnten allerdings würden die Menschen immer älter, die Zahl der Empfänger steige also stetig. Dazu komme, dass die Stadt die Mietzuschüsse - ein Teil der Grundsicherung - anpassen musste, nach oben versteht sich. "Zwar muss die Wohnungsgröße angemessen sein für die Anzahl der Familienmitglieder. Und natürlich sind Wohnungen hier viel billiger als beispielsweise in München. Teurer ist Wohnen aber auch in Hof geworden", erklärt Lippert. Einen explosionsartigen Sprung - auch nach oben - hätten die Ausgaben für die Alters-Grundsicherung mit dem Jahreswechsel 2004/2005 gemacht: von knapp 738 000 auf 1,582 Millionen Euro. Grund sei das Inkrafttreten der Hartz-IV-Reform gewesen. Mittlerweile habe die Stadt um eine weitere Million aufstocken müssen. Der Ansatz für das Jahr 2011 liege bereits bei 2,181 Millionen Euro.

Neue Kosten

Geld, das die Stadt Hof - so das Gesetz denn auf den Weg kommt - ab dem Jahr 2011 einsparen könnte. Dann will der Bund 100 - statt bisher 16 Prozent - beisteuern. "Doch die Freude ist schon im Vorfeld getrübt", schränkt Siller ein. So bereite man sich jetzt bereits auf die zu befürchtende Kostenübernahme für das sogenannte Teilhabe- und Bildungspaket vor, in dessen Genuss künftig Kinder von Hartz-IV-Empfängern kommen sollen.

Dahinter verbergen sich Gutscheine, die es diesen Kindern und Jugendlichen ermöglichen sollen, etwa in einem Verein aktiv zu werden oder in den Genuss von Nachhilfe zu kommen. "Die Stadt muss diese Gutscheine nicht nur bezahlen, sondern auch ausgeben", sagt Siller und verweist auf einen unheimlich großen Verwaltungsaufwand. Wolle ein Schüler beispielsweise bezahlte Nachhilfe bei einem älteren Schüler oder Studenten nehmen, dann müsse die Stadt vor Ausgabe eines Gutscheines prüfen, ob dieser ältere Schüler überhaupt das Zeug dazu hat, jemandem etwas beizubringen. "Das müsste ein Lehrer oder Dozent bestätigen."

Zwei Vollzeitkräfte, so die aktuelle Schätzung, würden im Rathaus mit dem Prozedere zu tun haben. Pro Kraft fielen 50 000 Euro Personalkosten pro Jahr an. Verwaltungsaufwand plus Bildungspaket-Kosten würden die Stadt locker eine halbe Million Euro kosten. "Damit ist die Ersparnis aus der Alters-Grundsicherung wieder ziemlich geschmälert", sagt Siller. Trotzdem bliebe unterm Strich ein Plus von 1,6 Millionen Euro - "besser als gar nichts".

Hintergrund
 

Die Grundsicherung ist eine eigenständige Sozialleistung und der Hilfe zum Lebensunterhalt vorrangig. Sie gibt es seit dem 1. Januar 2003. Seit 2005 ist sie Bestandteil des Sozialgesetzbuches XII.

Die Grundsicherung ist eine bedarfsorientierte Basisleistung im Alter und im Falle der Erwerbsminderung.

Die Leistung der Grundsicherung soll den grundlegenden Bedarf für den Lebensunterhalt von Menschen absichern, die wegen Alters oder aufgrund voller Erwerbsminderung endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und deren Einkünfte für den notwendigen Lebensunterhalt nicht ausreichen. Dadurch soll die Zahlung von Sozialhilfe vermieden werden. Im Gegensatz zur Sozialhilfe wird auf Einkommen der Kinder oder Eltern nicht zurückgegriffen.

Anspruch haben Menschen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben oder die das 18. Lebensjahr vollendet haben und - unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage - aus medizinischen Gründen dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können.

Die Bewilligung der Leistung erfolgt in der Regel für den Zeitraum von einem Jahr. Danach muss ein neuer Antrag gestellt werden und die Bedürftigkeit wird erneut überprüft.

Klaus Lippert

 

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