Die Koalition in Berlin
streitet darüber, ob der Bund die Kosten künftig trägt. In Hof haben
die Verantwortlichen die Taschenrechner längst gezückt. Sollte es so
kommen, könnte die Stadt über zwei Millionen Euro sparen. Andere
Belastungen wie das Bildungspaket schmälern die Ersparnis aber
enorm.
Von Susanne Glas
Hof - In Berlin wird
das Geschacher um die Hartz-IV-Reform immer undurchsichtiger. Und in
Hof wechseln Hoffen und Bangen wie die Höhen und Tiefen auf der
Achterbahn. Zumindest im Büro von Sozialbürgermeister Eberhard
Siller. Immerhin könnten die Macher in der Hauptstadt den Kommunen
eine schwere Last von den Schultern nehmen. Mit ihrem Vorschlag, sie
künftig von den Kosten für die sogenannte "Grundsicherung im Alter"
zu entlasten und diese stattdessen aus dem Bundes-Portemonnaie zu
bezahlen, hat die Koalition vielen Rathauschefs den Mund wässrig
gemacht. Vor allem jenen, die den Rotstift seit Langem auf jedem
Aktenstapel liegen haben. Die Hofer Stadtväter gehören dazu. Und
deshalb schlägt Siller die Zeitung in diesen Tagen erwartungsfroh
auf. "Wenn die Regierung das beschließt, könnten wir jährlich über
zwei Millionen Euro sparen", sagt er.
Im Laufe der vergangenen Jahre habe sich diese
Altersgrundsicherung nämlich zu einem dicken Brocken auf der
Ausgabeseite des Haushalts entwickelt. Zahlte die Stadt Hof im Jahr
2004 noch knapp 738 000 Euro aus, musste sie im vergangenen Jahr
2,135 Millionen berappen. Empfänger sind all jene, die durch das
Hartz-IV-Raster fallen: erwerbsunfähige Menschen oder aber - und das
ist die breite Masse - Rentner, deren Geld hinten und vorne nicht
reicht. Insgesamt, das erklärt Klaus Lippert, Fachbereichsleiter
Jugend und Soziales im Rathaus, zahle die Stadt derzeit in 550
"Fällen" - in 50 wegen Erwerbsunfähigkeit, in 500 an Rentner.
Niedrige Renten
"Und die Zahl steigt", sagt er. Überraschend
sei das nicht. Durch das verhältnismäßig niedrige Einkommen in einer
lange Zeit von der Textil- und Porzellanindustrie geprägten Region,
seien die Renten ohnehin auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Seit
Jahrzehnten allerdings würden die Menschen immer älter, die Zahl der
Empfänger steige also stetig. Dazu komme, dass die Stadt die
Mietzuschüsse - ein Teil der Grundsicherung - anpassen musste, nach
oben versteht sich. "Zwar muss die Wohnungsgröße angemessen sein für
die Anzahl der Familienmitglieder. Und natürlich sind Wohnungen hier
viel billiger als beispielsweise in München. Teurer ist Wohnen aber
auch in Hof geworden", erklärt Lippert. Einen explosionsartigen
Sprung - auch nach oben - hätten die Ausgaben für die
Alters-Grundsicherung mit dem Jahreswechsel 2004/2005 gemacht: von
knapp 738 000 auf 1,582 Millionen Euro. Grund sei das Inkrafttreten
der Hartz-IV-Reform gewesen. Mittlerweile habe die Stadt um eine
weitere Million aufstocken müssen. Der Ansatz für das Jahr 2011
liege bereits bei 2,181 Millionen Euro.
Neue Kosten
Geld, das die Stadt Hof - so das Gesetz denn
auf den Weg kommt - ab dem Jahr 2011 einsparen könnte. Dann will der
Bund 100 - statt bisher 16 Prozent - beisteuern. "Doch die Freude
ist schon im Vorfeld getrübt", schränkt Siller ein. So bereite man
sich jetzt bereits auf die zu befürchtende Kostenübernahme für das
sogenannte Teilhabe- und Bildungspaket vor, in dessen Genuss künftig
Kinder von Hartz-IV-Empfängern kommen sollen.
Dahinter verbergen sich Gutscheine, die es
diesen Kindern und Jugendlichen ermöglichen sollen, etwa in einem
Verein aktiv zu werden oder in den Genuss von Nachhilfe zu kommen.
"Die Stadt muss diese Gutscheine nicht nur bezahlen, sondern auch
ausgeben", sagt Siller und verweist auf einen unheimlich großen
Verwaltungsaufwand. Wolle ein Schüler beispielsweise bezahlte
Nachhilfe bei einem älteren Schüler oder Studenten nehmen, dann
müsse die Stadt vor Ausgabe eines Gutscheines prüfen, ob dieser
ältere Schüler überhaupt das Zeug dazu hat, jemandem etwas
beizubringen. "Das müsste ein Lehrer oder Dozent bestätigen."
Zwei Vollzeitkräfte, so die aktuelle
Schätzung, würden im Rathaus mit dem Prozedere zu tun haben. Pro
Kraft fielen 50 000 Euro Personalkosten pro Jahr an.
Verwaltungsaufwand plus Bildungspaket-Kosten würden die Stadt locker
eine halbe Million Euro kosten. "Damit ist die Ersparnis aus der
Alters-Grundsicherung wieder ziemlich geschmälert", sagt Siller.
Trotzdem bliebe unterm Strich ein Plus von 1,6 Millionen Euro -
"besser als gar nichts".
Hintergrund
Die Grundsicherung ist eine eigenständige Sozialleistung und der
Hilfe zum Lebensunterhalt vorrangig. Sie gibt es seit dem 1. Januar
2003. Seit 2005 ist sie Bestandteil des Sozialgesetzbuches XII.
Die Grundsicherung ist eine bedarfsorientierte Basisleistung im
Alter und im Falle der Erwerbsminderung.
Die Leistung der Grundsicherung soll den grundlegenden Bedarf für
den Lebensunterhalt von Menschen absichern, die wegen Alters oder
aufgrund voller Erwerbsminderung endgültig aus dem Erwerbsleben
ausgeschieden sind und deren Einkünfte für den notwendigen
Lebensunterhalt nicht ausreichen. Dadurch soll die Zahlung von
Sozialhilfe vermieden werden. Im Gegensatz zur Sozialhilfe wird auf
Einkommen der Kinder oder Eltern nicht zurückgegriffen.
Anspruch haben Menschen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben
oder die das 18. Lebensjahr vollendet haben und - unabhängig von der
jeweiligen Arbeitsmarktlage - aus medizinischen Gründen dauerhaft
voll erwerbsgemindert sind, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht
selbst bestreiten können.
Die Bewilligung der Leistung erfolgt in der Regel für den
Zeitraum von einem Jahr. Danach muss ein neuer Antrag gestellt
werden und die Bedürftigkeit wird erneut überprüft.
Klaus Lippert |