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Erschienen in der Frankenpost am 25.11.2011 

Lästige Immobilie: Seit mehr als 30 Jahren hat der Eigentümer kein Geld in den Zentralkauf gesteckt.

Der scheue Milliardär

 

Liam Carroll ist der Mann hinter dem irischen Konzern, dem die Zentralkauf-Immobilie gehört. Die Hofer Hoffnungen ruhen auf der Abwicklung der Anglo Irish Bank.

 
 
Von Thomas Hanel
Hof - Die Ungewissheit um diese Immobilie im Herzen der Stadt - ein einziger Jammer ist das. Die Zukunft des Zentralkaufs - unklar. Abriss? Sanierung? Oder was? Wie es aussieht, sind dem Oberbürgermeister und dem Stadtrat die Hände gebunden. Sie können vorschlagen, was sie wollen - und haben doch keine Chance, wenn es dem Eigentümer nicht in sein Konzept passt. Drei Mieter sind die letzten Mohikaner in dem Haus, das mit seinen 8000 Quadratmetern Verkaufsfläche sonst leer steht. Seit vier Jahren. Draußen vor dem Gebäude Taubendreck, drinnen Ratten.

Die Besitzer kümmert das nicht. Zwar spielen sie nicht in der Welt-Liga, immerhin aber in Irland, Großbritannien und Kontinentaleuropa. Für sie ist die Hofer Immobilie Spielball ihrer Geschäftsinteressen.

250 Millionen Euro

 Als Eigner tritt offiziell die William Ewart Properties Limited auf. Im Jahr 2004 kauften Noel Smyth und Andrew Creighton, die Geschäftsführer der Kapitalgesellschaft mit Sitz im nordirischen Belfast, der Deutschen Bank ein Paket mit zehn Immobilien in Deutschland ab. Preis: 250 Millionen Euro. Zu den Objekten gehörten zwei Bürokomplexe, zwei Kinos, 500 Eigenheime als eine Einheit und fünf Einkaufszentren – darunter Zentralkauf in Hof.  Im Hintergrund zogen andere Leute die Fäden: 2002 hatte Smyth seinen Mehrheits-Anteil an dem nordirischen Konzern, den er gerade zwei Jahre vorher seinem Unternehmen Dunloe Ewart im irischen Dublin einverleibt hatte, weiterveräußert. Zunächst griff der irische Immobilien- Magnat Paschal Taggart zu, ehe kurz darauf ein ganz Großer der Szene die Bühne betrat: Liam Carroll, ebenfalls Ire, kaufte Taggart den Anteil ab und übernahm Dunloe Ewart und somit William Ewart Limited. Carroll ist ein steinreicher Mann, der in der Branche bekannt ist für seine an Geiz grenzende Sparsamkeit. Sein Privatvermögen, das er aus seinem verschachtelten Immobilien- Imperium Zoe Developments Group herausgezogen hat, wird auf eine Milliarde Euro geschätzt. Carroll scheut die Öffentlichkeit; er lebt auf seinem Landsitz völlig zurückgezogen. Um unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen, gibt er Journalisten vorsichtshalber keine Interviews. Es weiß wohl nur Carroll selber, wer und was noch alles hinter seinem Immobilienfonds steckt. Klar ist, dass es auch Schulden sind. Denn eines seiner großen Unternehmen namens Orthanc ist pleite, und ebenso lasten auf Dunloe Verbindlichkeiten. Die Rede ist von insgesamt 2,8 Milliarden Euro. So versucht der Iren-Fonds alles, um an Geld zu kommen. Für den Hofer Zentralkauf fordert er den nach Einschätzung von Experten völlig überzogenen Preis von sechs Millionen Euro. Eine Hoffnung hat Hof dennoch: Der irische Staat wickelt derzeit die zusammengebrochene Anglo Irish Bank in Dublin ab, bei der auch „Ewart“ in der Kreide steht. Ein reeller, gar ein günstiger Preis scheint möglich. Die Frage ist, ob es wirklich so kommt – und wann das sein wird. 

Ein Konglomerat von Unternehmen

  _ Die irische Fondsgesellschaft Zoe Developments Group in der Hauptstadt Dublin mit ihrem Mehrheitseigentümer Liam Carroll ist ein Großgeflecht einer Vielzahl einzelner Unternehmen. Es ist die Absicht der Konstrukteure, die Aufsicht über derartige Konzerne zu behindern. So kann manches im Verborgenen blühen. Und natürlich tun sich die Steuerbehörden schwer bei Prüfungen. _ Eine beliebte Masche solcher Finanzjongleure sind Briefkastenfirmen. Die zur Holding erkorene „SN Properties“ (Immobilien) ist so eine Firma. Sie hat ihren „Sitz“ in der Straße des 10. September Nummer 123 in Luxemburg. Zu ihr gehört auch die „Property Hof Sarl“, was in Deutschland einer GmbH entspricht. Jede der zehn deutschen Immobilien, die Zoe Developments über seine Belfaster Tochtergesellschaft „William Ewart Limited“ 2004 von der Deutschen Bank für 250 Millionen Euro erworben hatte, wird von verschiedenen Untergesellschaften repräsentiert. Im Falle Hof ist das die entsprechende „Property“. _ Wer glaubt, dass diese Firmen edel ausgestattet in großen Bürohäusern residieren, liegt völlig daneben. Ein Briefkasten genügt, und schon existiert die Firma, obwohl sie körperlich gar nicht präsent ist. Ein weiterer Zweck: Auf diese Weise hält man lästige Fragesteller fern. Bank-Konten allerdings, die haben sie zuhauf – für die übrig gebliebenen drei Mieter des Hofer Zentralkaufs unter anderem bei einem Institut im sächsischen Zwickau. _ Zu den zehn deutschen Immobilien, die dem Konzern gehören, zählen neben dem Hofer Zentralkauf auch Objekte in München, im badenwürttembergischen Weinheim und in Langenfeld im Rheinland. han–

 

 

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