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Erschienen in der Frankenpost am 03.02.2011 

CSU-Bezirksvorsitzender Karl-Theodor zu Guttenberg fordert von den Menschen in der Region, selbstbewusst mit dem Gutachten des Zukunftsrates umzugehen und nicht zu jammern. Foto: dpa

"Oberfranken ist die dynamische Mitte Europas"

 
Die Reform der Stimmkreise und die Empfehlungen des Zukunftsrates schwächen die Region. Der CSU-Bezirksvorsitzende Karl-Theodor zu Guttenberg fordert deshalb, dass die Staatsregierung wichtige Ziele nicht aus den Augen verliert. Dazu gehören gleiche Lebensbedingungen in allen Landesteilen.

Nach dem Gutachten des Zukunftsrates sollen große Teile Oberfrankens, der gesamte nördliche Bereich, quasi abgehängt werden und sich zum benachbarten Sachsen orientieren. Was halten Sie als oberfränkischer CSU-Vorsitzender von diesem Vorschlag?

Die angesprochene Passage im Gutachten ist alles andere als glücklich formuliert, eben so unglücklich ist aber auch manche Reaktion. Richtig ist: Bayern braucht neben kraftvollen Zentren selbstverständlich auch starke ländliche Regionen. In Oberfranken wurde der wirtschaftliche Strukturwandel erfolgreich angenommen und die neue Nähe zu Thüringen, Sachsen und Tschechien trotz veränderter Rahmenbedingungen immer als Chance verstanden. Oberfranken ist heute die Heimat von rund 70 000 Unternehmen, fast ausnahmslos kleine und mittelständische Betriebe.

Das heißt im Konkreten?

Rund zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung und dem Ende des Eisernen Vorhangs präsentiert sich Oberfranken als dynamische Mitte Europas, die mit Mut und Zuversicht nach vorne denkt. Behandeln wir das Gutachten also als das, was es ist - eine Diskussionsgrundlage, der wir selbstbewusst begegnen sollten und nicht mit dem ewigen Gejammer, "abgehängt" zu werden.

 

Wenn die bayerischen Metropolen nach diesem Modell des Zukunftsrates noch weiter gestärkt werden, was wird dann aus dem Verfassungsauftrag, in Bayern möglichst gleichwertige Lebensgrundlagen zu schaffen?

Es handelt sich bei dem Gutachten weder um einen Antrag im Bayerischen Landtag, noch eine Regierungserklärung. Liest man den als kritisch wahrgenommenen Abschnitt "Metropolregionen und ländlicher Raum" genauer, so lässt sich wenigstens das Ziel erkennen, jede Region möglichst optimal nach den jeweiligen Rahmenbedingungen zu fördern, auch wenn dies durchaus noch stärker formuliert sein könnte. Ausdrücklich gefordert werden dabei die angesprochenen "annähernd gleichwertigen Lebensbedingungen". Meines Erachtens muss dies ohnehin Grundvoraussetzung jeglicher Diskussion sein.

Hochfranken und der Raum Kronach/Coburg als Erholungsreservat für die großen Städte empfinden die Menschen in der Region als Schlag ins Gesicht. Wie bewerten Sie diese Zukunftsvision?

Als eine Vorstellung, die ich nicht teilen kann. Vielmehr bewerte ich die zentrale Lage Oberfrankens im zusammenwachsenden Europa als Chance und Basis für eine zukunftsfähige Entwicklung. Schließlich endet die Welt nicht nördlich von Coburg oder östlich von Hof. Das zu vermitteln, liegt aber auch an uns.

Ministerpräsident Horst Seehofer hat die Mitglieder des Zukunftsrates - kein Oberfranke sitzt in diesem Gremium - höchstselbst ausgewählt und ins Amt eingesetzt. War er bei dieser Auswahl gut beraten?

Da er das Gremium - wie Sie sagen - "höchstselbst" ausgewählt hat, sollten Sie ihn auch "höchstselbst" befragen.

Die Zukunft ihrer Heimat liegt den Menschen hier sehr am Herzen, was man auch in unzähligen Kommentaren von Leserinnen und Lesern sehen kann. Welchen Rat geben Sie den Menschen in der Region angesichts dieses Gutachtens?

Die Menschen in Oberfranken haben aufgrund der gegebenen Bedingungen schon immer etwas mehr leisten müssen als andere. Aus diesem Grund wird auch kein singuläres Gutachten unser oberfränkisches Selbstbewusstsein erschüttern.

Die Menschen machen zu Recht darauf aufmerksam, dass unsere Region sich nicht als eine Randregion versteht. Nicht umsonst zeichnen etliche "hidden champions" und Weltmarktführer die oberfränkische Wirtschaft aus, die von innovativem Unternehmergeist und leidenschaftlichem Engagement der Bevölkerung gespeist wird. Im Zusammenspiel mit unserer einzigartigen Landschaft im Herzen Europas, der weltoffenen Kultur und den vielen weiteren großartigen Errungenschaften entsteht ein Lebensraum, der seinesgleichen sucht und die Menschen zusammenhält.

Nun kurz zur Stimmkreisreform. Das Innenministerium verweist auf die verfassungsrechtlich gebotene Notwendigkeit, die Stimmkreise in Oberfranken angesichts der Bevölkerungsentwicklung zu reduzieren. Wie beurteilen Sie die Vorschläge?

Nach wie vor steht die Frage im Raum: Ist es verfassungsmäßig wirklich geboten? Diesbezüglich bedarf es genauester Prüfung. Sollte das Ergebnis die verfassungsrechtliche Notwendigkeit unterstreichen, kann man wohl schwerlich von "bewusster" Schwächung reden. Aber umso mehr kommt es dann auf jeden einzelnen Abgeordneten an. Dass ein Mandatsverlust unsere Region nicht stärkt, liegt auf der Hand.

Statt den Menschen das Gefühl zu geben, sie fallen über den Rand der bayerischen Strukturpolitik, sollte doch eher alles unternommen werden, die Region zu fördern. Welche Möglichkeiten hat der CSU-Vorsitzende des Bezirks, hier aktiv zu gestalten?

Ich nutze alle sich mir bietenden Möglichkeiten, im In- oder Ausland, Oberfranken zu stärken beziehungsweise für unsere Stärken zu werben. Aber es kann nicht nur auf Einzelne ankommen, Erfolge zu erzielen. Anpacken müssen wir alle.

Die Fragen stellte Maximilian Busl

" Ein Ziel, das durchaus noch stärker formuliert sein könnte "

" Nach wie vor steht die Frage im Raum: Ist es verfassungsmäßig geboten? "

Interview
 

mit Karl-Theodor zu Guttenberg, CSU-Bezirksvorsitzender und Bundesverteidigungsminister
 

 

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