Aktuelles
Erschienen in der Frankenpost am 10.11.2011 

Eine Bruchbude ist auch das Haus in der Schillerstraße neben dem Zentralkauf. Es gehört ebenfalls der irischen Fondsgesellschaft.

Königlicher Preis für eine Ruine

 Der Investor für den Zentralkauf ist weg. Die Eigentümer sollen nun den Kaufpreis deutlich nach unten korrigieren. Die Stadt sucht weiterhin das Gespräch – und nach einer Lösung.

 Von Iris Reichstein

  „Herzlich willkommen“ steht auf dem Reklameschild über dem Eingang des ehemaligen Zentralkaufs. Doch seit vier Jahren begrüßt das Schild allenfalls die Tauben, die sich vor dem langsam verfallenden Einkaufsmarkt häuslich eingerichtet haben. Die vor Schmutz blinden Fenster geben kaum den Blick ins Innere des Areals frei, ein Teppich aus Vogelkot ziert den Eingangsbereich. Für diese Bruchbude verlangt der Besitzer, eine irische Fondsgesellschaft, nach Informationen der Frankenpost jedoch die stolze Summe von sechs Millionen Euro. Ein Betreiber, für den sich diese Investition rechnen würde, ist nicht in Sicht; und die Stadt Hof hat nicht die Mittel, das Objekt zu kaufen.

 Auf dem Gebäude lasten nach Recherchen der Frankenpost zusätzlich Kredite von rund 20 Millionen Euro, auf welche die Bank bei einem Verkauf verzichten müsste. „Hier haben wir das Beispiel einer verfehlten Investmentpolitik europäischer Banker“, schimpft Gudrun Bruns, Fraktionsvorsitzende der Freien Aktiven Bürger (FAB). „Die Vorstellungen des Eigentümers sind vollkommen unrealistisch. Diese Ruine ist die geforderte Summe sicherlich nicht wert, zumal noch weitere Millionen in die Sanierung und den Umbau gesteckt werden müssten.“ Höchstens eine Million Euro Kaufpreis hält Bruns für gerechtfertigt. Sie fordert, nun unabhängige Gutachter ins Boot zu holen, die den tatsächlichen Wert der Immobilie schätzen. Zudem müsse geprüft werden, ob sich die rechtliche Grundlage des Immobilienfonds geändert habe. Dass der Investor abgesprungen sei und nach vier Jahren vergeblicher Mühen jetzt wieder bei Null begonnen werden müsse, mache sie „unglaublich wütend“, sagt die Oberbürgermeister-Kandidatin.

 Über die Herkunft des geheimnisvollen Investors hüllt sich die Stadt in Schweigen. Jeder der Stadträte musste eine Verschwiegenheits-Erklärung unterschreiben, um die Verhandlungen nicht zu gefährden. Genutzt hat es nichts. SPD-Fraktionschef Dr. Jürgen Adelt macht OB Dr. Harald Fichtner den Vorwurf, er habe sich bei der Suche nach einem Investor zu einseitig orientiert. „Es ist seit Langem klar, dass sich ein großer Lebensmittelmarkt als Basis dort nicht rechnet, doch die Stadt hat keine anderen Alternativen berücksichtigt.“ Adelt nennt in diesem Zusammenhang die Option, ein technisches Rathaus mit Gewerberäumen im unteren Geschoss und Verwaltung im Obergeschoss einzurichten. Oder die Volkshochschule dort einziehen zu lassen. Er schätzt, es dauere noch weitere vier Jahre, bis sich hinsichtlich der Ruine am Busbahnhof wieder etwas bewege. Konkrete Ideen habe allerdings auch er nicht, räumt Adelt ein – nur Anregungen.

 Auch Wolfgang Fleischer, Vorsitzender der CSU-Fraktion, ist ratlos. „Wir müssen nun neu beraten, wie ein Nutzungskonzept aussehen könnte. Es hat sich jetzt gezeigt, dass Lebensmittel alleine nicht attraktiv genug sind, um den Zentralkauf auszulasten.“ Das marode Gebäude sei ein Fass ohne Boden, schätzt Fleischer. „Ein Investor muss hier richtig Geld in die Hand nehmen.“ Harald Fichtner hat nach eigenen Angaben, nachdem bekannt wurde, dass der aktuelle Investor abgesprungen ist, Kontakt mit dem Besitzer des ehemaligen Zentralkaufs aufgenommen. „Wir hoffen, dass die Eigentümer das Gespräch wieder aufnehmen.“ Mehr könne er jetzt nicht sagen. „Viel ist mit dem Gebäude nicht mehr zumachen, entweder Generalsanierung oder Abriss.“ Es bleibt das grundlegende Problem: Ohne die Zustimmung der Eigentümer geht nichts. Doch wer sich auf die Suche nach deren wahrer Identität macht, stößt auf ein schier unüberwindbares Dickicht aus Kapitalbeteiligungsgesellschaften, Immobilienfonds und Maklerbüros.

 

zurück zur Übersicht