In Hof werden Interviewer
mit Fragebögen in der Tasche rund 5000 Bürger besuchen. Sie
wollen alles mögliche wissen. Die Kreuzchen setzen muss jeder, das
regelt ein Gesetz.
Von Harald Werder
Hof - Im Mai
werden neugierige Menschen an Hofer Haustüren stehen. Sie wollen
wissen, wer man ist, wie viele Leute im Haushalt leben, ob man ledig
oder verheiratet ist, was man arbeitet und wie man die Schule
abgeschlossen hat - und mancherlei mehr. Wer sie empört der Wohnung
verweist, riskiert ein Zwangsgeld - denn dann hätte man sich dem
"Zensus 2011" widersetzt, der großen europaweiten Volkszählung.
Im Hofer Rathaus sitzt Klaus Bäumler und wartet auf Tausende
ausgefüllter Fragebögen, die er bis Juni bekommt. Er ist zuständig
für die Massenbefragung, er hat aber schon jetzt einiges zu tun und
muss sehr viel beachten. Aktuell sucht er diese neugierigen
Menschen, die im Statistikerjargon Interviewer heißen. Er muss sie
auswählen, schulen und dazu verpflichten, dass sie über alles, was
sie während ihrer - vermutlich meist abendlichen - Besuche erfahren,
Stillschweigen zu bewahren haben.
Alles unter Verschluss
Dies gilt zunächst vor allem für Bäumler selbst. Als für den
Zensus zuständiger Beamter hat er einen Sonderstatus. Untergeordnet
ist er damit ausschließlich dem Oberbürgermeister, niemand darf ihm
über die Schulter schauen, selbst sein Büro ist für die Kollegen
Sperrzone. Was er erfährt, das wird er ohne Umwege ans bayerische
Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung schicken.
Und die Ergebnisse bleiben auch dort. Bäumler spricht vom
"Rückspielverbot". Er meint damit, dass alles, was das Landesamt an
Daten bekommt, ausschließlich in dessen eigene Statistiken
einfließt. Auch wenn Einwohnermeldeämter noch so gerne wüssten, was
genau in den Bögen steht - sie werden es nie erfahren. Durch die
Veröffentlichung der zusammengefassten Daten werden die Ämter nur
erkennen können, ob ihre eigene Statistik halbwegs stimmt oder
nicht.
Die Neugier der Behörden hat seinen Grund - es geht nicht um das
Wissen über Bürger an sich, sondern um Strukturen, Wahlen und um
Geld. "Die Listen in den Einwohnermeldeämtern sind fehlerhaft",
erklärt Bäumler. Dies liege aber keineswegs an schlampiger Arbeit im
Amt, sondern in der Regel an Versäumnissen: "Viele Bürger melden
sich nicht ab, wenn sie wegziehen oder vergessen, sich anzumelden,
wenn sie in die Stadt ziehen", erklärt er (siehe dazu unten
stehenden Artikel). Aber möglichst exakte Einwohnerzahlen sind
wichtig, wenn es darum geht, Fördergelder zu beantragen, Wahlkreise
zu bestimmen oder mittel- bis langfristig die Zahl der notwendigen
Schulen und Kindergärten zu bestimmen. Darum nun soll es gehen, wenn
die Interviewer ausströmen.
Dass das große Zahlenwerk auch zustande kommt, dafür sorgt ein
eigenes Zensusgesetz. Demnach sind die Bürger verpflichtet, die
Fragebögen auszufüllen. Wer das partout nicht will, dem drohen sogar
Zahlungen bis zu 500 Euro, sagt Bäumler. Doch keiner muss dem
Interviewer selbst Auskunft geben. Man kann sich von ihm beim
Ausfüllen helfen lassen, möglich ist es aber auch, in dem Bogen
seine Angaben alleine oder sogar online zu machen.
Termin vereinbaren
"Einen Besuch vom Interviewer kriegt man aber auf jeden Fall",
sagt Bäumler. Während des vorab vereinbarten Termins müsse man sich
für eine der Möglichkeiten entscheiden. Ob man zu den etwa 5000 per
Stichprobe erwählten Bürgern gehört, merkt man übrigens erst, wenn
sich der Interviewer meldet.
Doch zuvor müssen sich bei Bäumler 70 bis 75 Leute melden, die
bereit sind, in ihrer Freizeit mit den Fragebögen unterm Arm von Tür
zu Tür zu ziehen. Etwa die Hälfte hat er schon, ihnen kann er auch
Geld versprechen. Denn wenn ein Interviewer zusammen mit dem Bürger
den Bogen ausfüllt, bekommt er jeweils sieben Euro, schafft der
Befragte es alleine oder erledigt die Sache online, gibt es immerhin
noch zwei Euro. Sich melden kann jeder, aber Bäumler warnt vor dem
Irrglauben, dass die Interviews spielend leicht zu führen sind.
"Eine gewisse Ahnung von Verwaltungsangelegenheiten sollte man in
jedem Fall haben." Klaus Bäumler wird in Gesprächen feststellen, ob
jemand geeignet ist, sich als neugieriger Mensch in den Dienst des
"Zensus 2011" zu stellen. |