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Erschienen in der Frankenpost am 24.10.2011 

Unter der Moderation von TVO-Redaktionsleiter Frank Ebert (Mitte) diskutierten (von links): Schulamtsleiterin Christa Tschanett, KPMG-Niederlassungsleiter Mathias Oberndörfer, Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich, Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner, Dachser-Niederlassungsleiter Stefan Holm, Stadtwerke- Geschäftsführer Claus Müller und Sebastian Peine, der Leiter der Arbeitsagentur Hof. Foto: FlorianMiedl

Hof sucht Mitarbeiter

 

Die Gewinnung von Arbeitskräften und die Energieversorgung sind die Themen der prominent besetzten Veranstaltung. Minister Friedrich setzt auf die Potenziale im Land.

 
 
Von Joachim Dankbar

 

Hof - Noch vor sechs Jahren wäre es nahezu undenkbar gewesen, dass der Mangel an Arbeitskräften ein Thema sein könnte, das in Hof ernsthafte Diskussionen auslöst. Zum Jahresende 2005 lag die Arbeitslosenquote in der Stadt bei 11,1 Prozent; einen Mangel gab es nur bei Arbeitsstellen. Im Oktober 2011 beträgt die Arbeitslosenquote nur noch 4,7 Prozent, und die ersten Unternehmen beginnen, sich ernsthaft Sorgen zu machen, wie sie bestehende Aufträge bewältigen oder gar expandieren können.

Zum Beispiel die Spedition Dachser: Der Mangel an qualifizierten Berufskraftfahrern werde allmählich zu einem begrenzenden Faktor, klagt Stefan Holm, Hofer Niederlassungsleiter des Logistik-Unternehmens, das in Hof in den vergangenen Jahren rund 30 Millionen Euro investiert hat. Auf dem Podium des "5. Hofer Wirtschaftsforums" legte Holm dar, dass man dem absehbaren Mangel mit betriebsinterner Ausbildung und der Verpflichtung von Fahrern von Dachser-Niederlassungen in anderen europäischen Ländern begegnen will.

Mit dieser Reihenfolge liegt er voll auf einer Linie mit Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich. Vor den Unternehmern seiner Heimatstadt schilderte Friedrich, wie er sich den Kampf gegen den Arbeitskräftemangel vorstellt. Zuwanderung - gar aus außereuropäischen Ländern - kommt dabei erst ganz zum Schluss vor. Gut fünf Millionen zusätzliche Arbeitskräfte könnte Deutschland gewinnen, wenn es seine eigenen Potenziale mobilisiert, rechnete der Minister vor. Die Zeit von Vorruhestand und Frühverrentung sei wohl endgültig vorbei. "Auch die über 60-Jährigen werden gebraucht", sagte Friedrich.

Damit ist indessen nicht einfach ein stures Weiterarbeiten gemeint. Das Renteneintrittsalter müsse beweglicher werden, Rentner müssten bessere Möglichkeiten zum Zuverdienst bekommen. Dringend verbesserungsbedürftig sei auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Vor allem aber gelte es, die Bildungsanstrengungen von den Kommunen über die Länder bis hinauf zu den Ländern noch erheblich zu steigern. Eine Quote von sieben bis acht Prozent Schulabbrechern sei nicht länger hinzunehmen. Weiterbildung sei ein "kontinuierlicher Prozess", in den auch die älteren Arbeitnehmer einbezogen werden müssten.

Wenn Friedrich von Integration spricht, dann meint er vor allem die Kinder von Immigranten in der zweiten und dritten Generation. Sie seien im öffentlichen Dienst deutlich unterrepräsentiert. Zuwanderung hätte der Innenminister gern vor allem aus Europa. Er empfahl: "Wenn in Spanien die Jugendarbeitslosigkeit bei 40 Prozent liegt, dann sollten wir doch zuerst einmal dorthin sehen."

Einig war man sich beim Wirtschaftsforum, dass die Hofer selbst gerne an den Bildern vergangener Jahre festhalten. Sie hätten sich noch nicht daran gewöhnt, dass der Raum Hof auch innerhalb Bayern nicht mehr die rote Laterne trage, meint Sebastian Peine, Leiter der Hofer Arbeitsagentur.

Und der Hofer Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner bat zu akzeptieren, dass es aus dem Raum Hof nicht nur die Abwanderung junger Menschen gebe, sondern auch die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte. Als Vorteil nannte er die Angebote vieler technologisch orientierter Unternehmen, die sich in vorbildlichen Netzwerken organisiert hätten.

Ein selbstbewusster Bewerber
Mit großem Selbstbewusstsein trägt die Stadt Hof ihre Bewerbung für den Modellversuch "Smart Grid City" vor, mit dem der Energie Campus Nürnberg im Auftrag des Freistaats die Vereinbarkeit von alternativer Energieerzeugung und Stromnetzen erproben will. "Wer, wenn nicht wir?", fragte Claus Müller, Geschäftsführer der Hofer Stadtwerke, beim Hofer Wirtschaftsforum. Die Stadtwerke seien seit Jahren auf zahlreichen Feldern der Energiegewinnung aus regenerativen Quellen engagiert. Die gemeinsame Bewerbung von Stadt und Stadtwerken könne sich daher auf breite Erfahrungen stützen.

Einen Seitenhieb auf die schwarz-gelbe Bundesregierung konnte sich Claus Müller allerdings nicht verbeißen: Deutschland wäre mit seiner "zweiten Energiewende" schon sehr viel weiter, urteilte er, wenn es vor zweieinhalb Jahren nicht die "erste Energiewende" gegeben hätte - die inzwischen zurückgenommene Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken.

 

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