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Erschienen in der Frankenpost am 17.09.2011 

Von der Vorstellung der Pläne Mitte 2008 bis heute hat sich in Sachen Kosten einiges getan an der Freiheitshalle. Auf die Frage von Stadtdirektor Franz Pischel hin, wie endgültig die jetzigen Angaben denn seien, antwortet Architekt Seemüller unkonkret: „Je mehr Berechnungen auf tatsächlichen Ausschreibungen beruhen, desto mehr reduziert sich der Toleranzrahmen.“ Grafik: Mrasek

Stadt schluckt weiteren Kostenanstieg

 

Die Gesamtkosten für die Generalsanierung der Freiheitshalle klettern weiter: Architekt Stefan Seemüller spricht vor dem Hofer Stadtrat von einem Anstieg um 4,5 auf 35,9 Millionen Euro. Die Stadt reagiert verärgert, will das Projekt aber trotzdem fortführen.

 
 
Von Christoph Plass
Hof - Eine derart heftige Schelte musste im Sitzungssaal des Hofer Rathauses schon lange keiner mehr öffentlich über sich ergehen lassen. Die Gesichtsfarbe Stefan Seemüllers, des Chefarchitekten der Generalsanierung der Freiheitshalle, verändert sich an diesem Freitagnachmittag in wenigen Minuten von oberfränkisch-hautfarben zu einem tiefen, leuchtenden Rot. Grund für den Farbwechsel sind aber nicht die gut 40 erbosten Gesichter, die Seemüller da schon fast eine Stunde lang ansehen muss - es ist eine kurze Einschätzung von einem, den sich der Hofer Stadtrat als Helfer von außen geholt hat: Johann Rohrmüller ist Leiter der Abteilung für Bauwesen im Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband. Sein Kernsatz: "Von den Kosten her wurde die Stadt Hof - nach dem, was mir vorliegt - bislang nicht ordnungsgemäß informiert."
Und darum geht es: Erst Mitte Februar dieses Jahres hatte Architekt Stefan Seemüller die Stadt Hof davon in Kenntnis gesetzt, dass die bis dahin berechneten Gesamtkosten nicht zu halten sind. Die Summe erhöhte sich von 25,9 auf 31 Millionen Euro – es war der vierte Kostenanstieg seit der ersten Vorstellung der Pläne 2008. Nun das: Am Montag teilte die Architektengemeinschaft der Stadt mit, dass der Preis für die neue Halle erneut steigen wird – um 4,5 auf dann 35,9 Millionen Euro. Die Stadt forderte schriftliche Stellungnahmen vom Architekturbüro und von der städtischen Bauabteilung, die die Berechnungen des Architekten prüft, der Steuerungskreis Freiheitshalle tagte zwei Mal in dieser Woche über mehrere Stunden hinweg. Das Ergebnis: Die Stadt nimmt die erneute Entwicklung mit Bauchgrimmen hin.

Die einzelnen Punkte

Am Freitag bekommen die Stadträte von Stefan Seemüller noch einmal das vorgetragen, worüber die Mitglieder des Steuerungskreises Tage zuvor schon stundenlang die Köpfe geschüttelt hatten. Einige Umschichtungen zwischen den einzelnen Gewerken mit berücksichtigt, begründet sich die Kostensteigerung wie folgt: Die Kosten für Erschließung und Teilabbruch steigen um 1,25 Millionen Euro, das Bauwerk selbst wird 504000 Euro teurer, die technischen Anlagen schlagen mit 1,08 Millionen Euro mehr zu Buche, die Außenanlagen mit 561000 Euro. Die Ausstattung soll 558000 Euro teurer kommen, die Baunebenkosten (die auch die Honorare für Planer und Architekten beinhalten) 550000 Euro. Seemüller weist das Gremium gleich zu Beginn auf die enormen Umfänge des Projekts hin: „Wir haben mehr als 180 Vorgänge monatlich auf der Baustelle.“ Betrachte man die einzelnen Arbeiten, so ergäben sich bei 359 Aufträgen Kostenmehrungen und bei 184 Kostenminderungen. Dass die tatsächlichen Rechnungen derart von den Architekten-Plänen abweichen, begründet Seemüller an vielen Stellen mit der Tatsache, dass viele seiner Angaben auf Hochrechnungen beruhten, nicht auf konkreten Ausschreibungen. Zwar habe er, dem Wunsch der Stadt entsprechend, bei seinen Berechnungen immer alle Eventualitäten mit einberechnet. „Doch vieles war nicht erkennbar, sonst wäre es mit aufgenommen worden“, sagt Seemüller. In der Sitzung stößt er damit auf wenig Verständnis: Schon nach Bekanntwerden der letzten Kostenmehrung im Februar habe Seemüller den Eindruck erweckt, die Zahlen seien nun endgültig und verbindlich, kommentiert das Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner. „Sie hätten uns früher informieren müssen, dass noch Probleme anstehen!“ Doppelt unbequem für den Architekten sind die Momente, in denen er zwischen den seiner Ansicht nach unerwarteten Entwicklungen auch eigene Fehler eingestehen muss: In der Ausschreibung für die Metallarbeiten beispielsweise haben die Architekten die Brandschutztüren im Inneren der Halle vergessen; dass das Gebäude eine elektronische Schließanlage braucht, ist den Planern erst in diesem Jahr aufgefallen – ebenso die Tatsache, dass die Halle WLAN bekommen soll. Das sind nicht die großen finanziellen Sorgenkinder in diesem Fall, das Vertrauen der Stadträte in ihren Architekten aber heben sie nicht unbedingt. Verärgert und enttäuscht reagieren denn auch nicht nur Dr. Harald Fichtner, sondern durch die Bank auch die Vertreter der Fraktionen. Und blieben doch sachlich: „Wir müssen weitermachen“, lautet am Ende der Grundtenor. Das bedeutet: Als nächstes steht ein Gang zu Regierungspräsident Wenning an – der dann hoffentlich einer erneuten Kreditaufnahme zustimmt.

Charakterstudien

 Gesagt hat keiner was am Freitag – zumindest nicht das, was dem Anblick nach vielen der Anwesenden im Kopf herumging. Mit äußerlicher Ruhe und ungewohnt wenigen Worten haben die Spitze der Stadtverwaltung und der Stadtrat am Freitag zur Kenntnis genommen, was ihnen die Macher auf ihrer größten Baustelle da vorsetzten. Dass ihnen das Gehörte aber mehr als nicht gefiel, fiel schon arg auf. Die einen saßen nur mit versteinertem Gesicht da und mit verschränkten Armen, bei den anderen wechselten sich ungläubiges Kopfschütteln und das Reiben an den Sorgenfalten auf der Stirn ab. In manchem Gesicht zeigten sich die Flecken der Zornesröte, in einigen Blicken hatte schon auch Feindseligkeit ihren Platz. Stefan Seemüller, dessen Vortrag sich zur reinen Rechtfertigung wandelte, blickte die meiste Zeit zu Boden

 

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