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Erschienen in der Frankenpost am 28.07.2011 

Gut gelaunt im Getümmel: Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich suchte am Dienstag beim CSU-Sommerempfang am Hofer Theresienstein die Nähe zum Bürger – und  fand sie reichlich. Foto: R.M.

Ein Abend unter Freunden

 

Heimspiel für den Bundesinnenminister: Beim Sommerempfang der CSU wird Dr. Hans-Peter Friedrich ganz selbst- verständlich vom Volk vereinnahmt. Es ist sein erster offizieller Termin in Hof seit Amtsantritt.

 
 
Von Rainer Maier
Hof - Der dunkelblaue Einreiher muss an diesem Abend tüchtig was aushalten. Hans-Peter Friedrich möchte - gerade in seiner Heimatstadt - ein Minister zum Anfassen sein. Das gute Tuch bekommt das gewaltig zu spüren. Immerzu wird an ihm gezupft und gezogen, es wird betatscht und gestreichelt. Der Bundesinnenminister, der in dem Anzug steckt, lässt das alles zu. Er fühlt sich sichtlich wohl an diesem Abend unter Freunden. Viereinhalb Monate nach dem Amtsantritt in Berlin ist es sein erster offizieller Termin bei der heimischen CSU.

Jeder kennt hier jeden. Doch dass man mit Angela Merkels neuem Kabinettsmitglied bekannt ist, ihn vielleicht sogar "Hans-Peter" nennen und mit "Du" anreden darf, dass möchte man allen anderen in Hör- und Sichtweite schon zeigen. Friedrich erträgt die Prozedur ruhig, immer freundlich, unbeirrbar lächelnd. Nach seiner kurzen Ansprache wird er auf dem Weg zur Terrasse des Theresiensteins bereits am ersten Stehtischchen vor dem Rednerpult von mitteilsamen Bürgern festgenagelt. 48 Minuten wird er brauchen für die zwölf Schritte, die aus dem Saal ins Freie führen.

Der dunkelblaue Einreiher bekommt die ersten aufmunternden Klopfer auf die breite Schulterpartie. Schön, dass der "Hans-Peter" mal wieder in Hof ist, sagt einer. Zum ersten Mal wurde einer der Bürger der Stadt zum Bundesminister berufen. Darauf, das betont Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner immer wieder, ist die Stadt stolz. Dass Friedrichs Aufstieg erst der spektakuläre Absturz der vorigen oberfränkischen CSU-Lichtgestalt Karl-Theodor zu Guttenberg vorangehen musste, davon spricht hier keiner mehr.

Es gilt, Optimismus zu verbreiten. "KT" war gestern, "Hans-Peter" ist heute. Die Krise ist gemeistert, der Aufschwung am Rollen. Gerade in Hof, sagt Friedrich, spüre er das. "Überall stehen Kräne." Und wo gebaut werde, da entstehe Zukunft. Dem "Pioniergeist unserer oberfränkischen Unternehmer" huldigt der Minister. Selbst in der Bevölkerung vermeint er, eine gewisse Aufbruchstimmung zu spüren. "Und das ist hier in der Region ja nun wirklich nicht so einfach zu erreichen."

Sacht legt sich die nächste Hand auf den blauen Sakkostoff. Bussi links, Bussi rechts. Hans-Peter Friedrich hält gut gelaunt den Kopf hin, während einer seiner Mitarbeiter zum Pressevertreter tuschelt: "Wer war denn das? Kennen Sie die?" Egal. Schon zerrt ein anderer am Ellbogen des Jacketts. "Paul, komm, mach amoll a Bild vo mir und na Hans-Peter!" Händeschütteln. Lächeln. Knipsen. Der nächste. Händeschütteln. Lächeln. Knipsen. Ein Hofer Lokalpatriot springt nach vorn und grapscht nach dem Weizenbier, das Friedrich seit fünf Minuten in der Hand hält, ohne zum Trinken gekommen zu sein: "Halt amoll dei Glas gscheit, dass mer des Scherdl-Emblem sehng ko!" Weil der Politiker dem ästhetischen Ansinnen nicht sofort Folge leistet, kommt es zu einem kurzen Gerangel um das ministeriale Weißbier. Ein ordentlicher Schluck schwappt heraus und platscht auf Friedrichs schwarze Schnürhalbschuhe. Der Minister hört nicht eine Sekunde auf, zu lächeln. Am rechten Ärmel, der jetzt vom Weizenbier durchnässt ist, wirkt der dunkelblaue Stoff nun noch ein wenig dunkler.

Sieben Pflasterstein-Breiten weit hat sich Friedrich mittlerweile ins Freie gekämpft, stets dicht umdrängelt von Menschen. Die wärmenden Strahlen der Abendsonne sind nun nur noch wenige Meter entfernt. Breitbeinig und jederzeit zum Sprung bereit stehen die Bodyguards, aus ihren Ohren ringeln sich dezent die Kabel für den Security-Funk. Trotz der aufdringlichen Nähe, mit der die Hofer "ihren" Minister in Besitz nehmen, erleben die Sicherheitsleute den CSU-Sommerempfang als eher entspannten Abend. "Eine gute Veranstaltung", sagt einer mit dem Knopf im Ohr. "Wir sind ja manchmal auch bei Terminen, wo der Minister nicht so gerne gesehen ist."

Stimmt ja. Vorhin, drinnen, bei seiner Rede, hat Friedrich noch betont, dass es von seinen umstrittenen Äußerungen zum Islam kurz nach dem Amtsantritt nichts zurückzunehmen gebe. Deutschland sei nun mal seit Jahrhunderten von christlichen Maßstäben geprägt. "So ist es und so bleibt es", hat er den Menschen zugerufen, die er mit "liebe Freunde" anredet. Und viel Applaus geerntet.

Ein spitzer Zeigefinger bohrt sich jetzt ins Revers des dunkelblauen Anzugs. Mit beharrlichem Tippen auf die Ministerbrust unterstreicht ein Gesprächspartner seinen Standpunkt. Geht es um den demografischen Wandel? Oder um die defekte Straßenlaterne vor dem Haus? Nun zieht ein anderer Friedrich am Jackett-Aufschlag beiseite. Es wird kurz konspirativ getuschelt, dann wird ein Schriftstück in Klarsichthülle übergeben. Ein Masterplan zur Sicherheit im Internet? Immerhin hat der Minister eben noch mit Sorge davon gesprochen, dass man "diese neue Welt" entsprechend strukturieren müsse. Das Wort "kontrollieren" hat er in Hof weggelassen, doch sein nächstes Thema ist die innere Sicherheit. Der Zusammenhang wird auch so klar. Friedrich steckt das Schreiben weg. Es war nur die Einladung zu einem Vereinsjubiläum. Noch einmal wird er am Jackettstoff zurückgezerrt: "Du kommst doch, gell?"

Der Politiker sagt zumindest nicht Nein, aber seinen Zeitplan gestalten andere. "Ich hatte mir nicht vorstellen können, dass ein Bundesinnenminister ständig im Ausland unterwegs sein muss", hat er den lieben Freunden berichtet. Doch heutzutage sei eben jedes Thema "verwoben und verflochten mit der ganzen Welt". Jetzt, in Hof, fühle er sich, als käme er "nach Jahren endlich mal wieder heim".

Erst vorhin hat Harald Fichtner gelobt: "Wir spüren, dass das Amt den Mann nicht verändert hat." Doch zum gemeinsamen Joggen mit Friedrich kommt der Oberbürgermeister nur noch selten. Der Minister hat jetzt "eine eigene Laufgruppe", wie er den Tross aus Bodyguards scherzhaft nennt, der mit ihm rennen muss. In seinem Garten hat der Staatsschutz Bäume abgeholzt, um sicherheitsrelevante "Sichtschneisen" zu schlagen. "Man fügt sich", bekundet Annette Friedrich mit einem Gesicht, auf das sich das gelassene Lächeln ihres Mannes längst übertragen hat. "Das bringt das Amt mit sich."

Während der Wind in die blaugrünen Fahnen fährt, auf denen "CSU - Näher am Menschen steht", legt sich nun eine schwere, schweißfeuchte Pranke auf den Sakkokragen des Ministers, Friedrichs Kopf wird zum vertraulichen Plausch hinunter an den Biertisch gezogen. "Er wird schon mehr beansprucht", sagt Annette Friedrich, die wohl ihren Mann meint und nicht den Anzug.

 

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