Aktuelles
Erschienen in der Frankenpost am 15.07.2011 

Die Räte wunderten sich: Drei Angebote für das „Verschließen von Öffnungen“ an der Freiheitshalle wiesen riesige Unterschiede auf. Foto: N. L.

 

Prozedere der Auftragsvergabe stößt auf Kritik

 

Drei Streitpunkte erhitzen die Gemüter. Die Räte sind mit dem Vorgehen der Stadtverwaltung nicht immer einverstanden.

 
Hof - Diskussionsfreudig haben sich die Mitglieder des Bauausschusses in ihrer jüngsten Sitzung gezeigt. Im Gegensatz zur sonst üblichen Praxis "winkten" die Räte diesmal nicht jeden Auftrag einstimmig und ohne Aussprache durch. Vielmehr hakten sie des Öfteren nach und übten offene Kritik an der Stadtverwaltung.

Streitpunkt eins: Große Unterschiede zwischen einzelnen Angebotssummen

Selbst erfahrene Räte rieben sich die Augen angesichts der Rangliste für den Auftrag zum "Verschließen von Öffnungen" an der neuen Freiheitshalle. Große Unterschiede führten zu mehreren Nachfragen aus den Reihen des Bauausschusses. Den Räten fiel besonders auf, dass die Stadt die Firma Lugert um eine Stellungnahme gebeten hatte. Darin sollte das Unternehmen darlegen, wie sich die Arbeiten wirtschaftlich ausführen lassen.

Joachim Dumann (FAB) stellte in Frage, wie viel diese Stellungnahme wert ist. "Hat man denn etwas anderes erwartet?" Auch CSU-Fraktionschef Wolfgang Fleischer sagte, er könne das Prozedere nicht nachvollziehen. Und Reinhard Meringer (SPD) erklärte, entweder habe die Firma die Lohn- oder Materialkosten niedrig gehalten - "oder es hat jemand gemogelt". Letzteres aber wollte er ausschließen.

Herbert Groh - Leiter des Fachbereichs Bauen und Betrieb - zitierte aus der Stellungnahme der Oelsnitzer Firma. Sie verweist darin auf ihre Erfahrung in der Altbausanierung. Zudem erläuterte Groh, dass ein günstiges Angebot immer auch mit der Auslastung einer Firma zusammenhänge. In einem 20-minütigen nicht-öffentlichen Teil klärten Räte und Verwaltung offene Fragen. Der Auftrag ging per einstimmigem Votum an die Firma Lugert.

Streitpunkt zwei: "Sondervorschlag" verhilft zum Erfolg

Eine heftige Diskussion entwickelte sich zur Auftragsvergabe für den Kanalbau in der Konradsreuther Straße. Die Firma Hans Fröber aus Selb hatte hier das günstigste Angebot abgegeben - rund 2500 Euro vor dem Zweitplatzierten, der Firma AS-Bau aus Hof. Der Haken an der Sache: Das Selber Unternehmen lag mit einem Hauptangebot, zu dem ein "Sondervorschlag" gehört, auf Platz eins. Wie Herbert Groh sagte, ist dieser Sondervorschlag ein anderes, günstigeres Rohrmaterial, das Fröber zum Einsatz bringen will. Zweites Problem: Die Angebotssumme überschreitet den Haushaltsansatz um 5350 Euro - und das muss die Stadt der Regierung von Oberfranken erläutern.
 

Rainer Kellner (SPD) betonte: "Es geht hier um eine hohe Summe für eine Hofer Firma und um die sensible Handhabung von Ausschreibungen." FAB-Fraktionschefin Gudrun Bruns pflichtete ihm bei: Ein Betrag von mehr als 120 000 Euro stelle "das Gewerbesteuer-Aufkommen von einem Monat" dar. Sie zweifelte an, ob das Prozedere fair gelaufen sei.

Laut Groh hatte jeder Bewerber die Möglichkeit, einen Sondervorschlag einzureichen. Die Stadt habe das Rohrmaterial fachtechnisch geprüft und als gleichwertig eingestuft. "Die Regierung von Oberfranken wird wegen der Auftragsvergabe nachfragen, wenn wir gleichwertiges Rohrmaterial ausschlagen."

Danach kam es zur Abstimmung, die ausnahmsweise nicht einstimmig ausfiel. Neben Gudrun Bruns, Joachim Dumann und Michael Hübschmann von der FAB lehnte Rainer Kellner die Auftragsvergabe an die Selber Firma ab. Fröber erhielt nichtsdestotrotz mit Stimmen von Bürgermeister Bernd Scherdel, aus der CSU und der SPD den Zuschlag.

Streitpunkt drei: Zu wenig Bewerber um einen Auftrag

Um die Schreinerarbeiten für das Fluchttreppenhaus an der Johann-Vießmann-Schule hatte sich nur die Schreinerei Stöhr aus Hof beworben, die logischerweise den Zuschlag erhielt. Die Stadt hatte nach Angaben von Herbert Groh sieben Firmen die Leistungsverzeichnisse für die beschränkte Ausschreibung zugesandt.

Christian Herpich (CSU), auch Kreishandwerksmeister, berichtete dem Gremium von eigenen Recherchen. Er habe die sechs Firmen angerufen, die kein Angebot abgegeben hatten. Nur ein einziger Betrieb nannte laut Herpich Auslastungsgründe. Den anderen war das Ausschreibungsverfahren zu kompliziert und zu komplex, oder sie sahen wenig Aussicht auf Erfolg. Herpichs Vorschlag: Bei Auftragsvergaben mit auffallend wenig Bewerbern solle die Stadt nachfragen, warum Firmen kein Angebot abgegeben hätten. Hintergrund sei, dass man eine Firma bei mehreren Nicht-Teilnahmen nicht mehr anschreibe.

Ein solches Vorgehen hält Joachim Dumann (FAB) jedoch für bedenklich: "Ich warne davor, dass sich die Verwaltung in eine Ausschreibung einschaltet." Walter Popp vom Bauamt bestätigte, dass das Nachforschen nicht möglich sei.

Große Differenz
Angebote für das "Verschließen der Öffnungen" in der Freiheitshalle:

1. Firma Lugert aus Oelsnitz 49 424 Euro

2. Firma AS-Bau aus Hof 187 111 Euro

3. Firma Dechant, Weismain 389 865 Euro

 

zurück zur Übersicht