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Erschienen in der Frankenpost am 10.05.2011 

„Ich will die Entwicklung der ländlichen Räume als Ziel in die bayerische Verfassung aufnehmen“ – Ministerpräsident Horst Seehofer bei seinem Oberfranken-Besuch in Hof. Foto: Nina Leupold

"Bayern gewinnt"

 

Horst Seehofer glaubt fest an die Gewinner-Mentalität der Bevölkerung im Freistaat. Er ist zuversichtlich, die großen Probleme vor allem der demografischen Entwicklung und der wirtschaftsschwachen Regionen zu meistern.

 
Die "Grundphilosophie meines und unseres Handelns" will Horst Seehofer im Foyer des Hofer Theaters den 30 Politikern und Vertretern aus Wirtschaft, Kultur, Kirche, Ärzteschaft und Hochschulen vermitteln. Und anschließend, im Redaktionsgespräch bei unserer Zeitung, gibt es dazu weiteren Feinschliff. Zwei große Herausforderungen sind es, denen sich die Staatsregierung zu stellen hat: Der Stärkung der wirtschaftsschwachen Regionen - und dem Bevölkerungsrückgang, der in nahezu allen Landesteilen Einzug hält. Am härtesten davon aber ist Oberfranken betroffen. "Wir wollen die Lebenschancen jeder bayerischen Region so gestalten, dass sie im Kern gleich sind", sagt der Ministerpräsident. "Das bleibt der Kompass unserer Politik. Wir wären von allen guten Geistern verlassen, gäben wir dieses Prinzip auf."

Die Handlungsanleitung: "An erster Stelle muss stehen, Oberfranken in seinen Strukturen und seiner Innovationskraft zu festigen. Dazu werden wir die bayerische Verfassung ändern, um darin das Ziel gleicher Lebensbedingungen festzuschreiben." Der Grundsatz sei momentan ja nur im Landesentwicklungsprogramm enthalten. "Heimat fest zu verankern und Abwanderung zu verhindern, das ist grundlegend wichtig. Heimat ist das Widerlager zur Globalisierung. Wenn junge Leute von Heimat reden, lacht mir das Herz."

Mit den Finanzen stehe und falle alles. Deshalb sei eine schlechte demografische Entwicklung stärker in den allgemeinen Finanzausgleich einzubauen. Und: "Die Geldströme müssen vermehrt in Kommunen mit besonderen Haushaltsproblemen gelenkt werden, um die Zukunft zu gewinnen. Damit ist keiner Subventionitis das Wort geredet. Wenn aber Pfeiler der Infrastruktur bröckeln und Bildungs- und Forschungseinrichtungen oder Mediziner abwandern, ist es nur eine Frage der Zeit - und die Bevölkerung folgt."

Das ist ein klares Wort des Regierungschefs zu Empfehlungen eines ja von der Staatsregierung selbst eingesetzten "Zukunftsrates", der Fördergelder nur noch in Ballungszentren pumpen will und die ländlichen Gebiete am liebsten davon abgekoppelt sieht. Dennoch verteidigt Seehofer die Arbeit dieses Gremiums: "Die Politik hätte eine solche Debatte nie geführt. Es ist mir die Sache wert, weil jetzt überall überlegt wird: Was ist zu tun?" Und er ermuntert die Zuhörer, ihre Forderungen klar zu benennen. "Das ist Ihre Pflicht. Wer berechtigte Interessen einfordert, jammert nicht. Jammern, das tun Leute, die im Grunde schon aufgegeben haben. Ich möchte ein Mitmachland, nicht endloses Geschwätz. Helfen, wo es geht, ohne finanzpolitische Sündenfälle zu schaffen - das muss unsere Devise sein." Das Fördergefälle von Deutschland Ost nach Deutschland West sei ein großes Problem. Eine Angleichung sei für die wirtschaftsschwachen Räume in Oberfranken überfällig.

Der Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende kann sich einen Seitenhieb auf Bundesfinanzminister Schäuble nicht verkneifen, als die Sprache auf die Optik der Städte in dieser Region, den Straßenbau und die schleppende Elektrifizierung der Bahnstrecken geht. "Die Kürzung der Städtebaufördermittel war ein großer Fehler", sagt Seehofer. "Da müssen wir was ändern. Ich kritisiere das auch in Selbsterkenntnis: Die CSU ist ja Teil dieser Regierung." 60 Milliarden Euro nehme der deutsche Fiskus jedes Jahr an Kfz-Steuer ein - doch nur 20 Milliarden gingen in die Verkehrsinfrastruktur. Der Rest fließe in den allgemeinen Haushalt. "Wir müssen diese Einnahmen auf die Höhe der Zeit bringen, wenn wir ein moderner Staat bleiben wollen. Also müssen wir uns eine Maut für ausländische Autofahrer überlegen.

Eine gute ärztliche Versorgung auf dem Land ist nach Überzeugung Seehofers nur über die Honorarordnung zu erreichen. "Wir brauchen eine einheitliche Gebührenordnung für Kassen- und Privatpatienten. Nur so können wir dem Eindruck einer Zwei-Klassen-Medizin entgegenwirken." Die Kommunen sollten in die Lage versetzt werden, die ärztliche Versorgung mitzuorganisieren.

Als "dramatisch" bezeichnet es Seehofer, dass die Zahl Jugendlicher in vielen Landesteilen absinkt. "Um die Jugendlichen, die immer weniger werden, konkurrieren wirtschaftsintensive Märkte, der öffentliche Dienst, Rettungsdienste, Feuerwehren oder die Polizei. Dieses Problem muss dringend gelöst werden, weil sich der Wettbewerb noch verschärfen wird. Finanzielle Anreize sind bitter nötig, um auch die freiwilligen Dienste attraktiver zu machen. Das wird uns viel Geld kosten. Nur mit Appellen läuft da gar nichts. Aussichtslos."

Der Ministerpräsident ist davon überzeugt, dass zwischen der Mentalität der Menschen und der Wirtschaftskraft ein enger Zusammenhang besteht. "Und die Mentalität der bayerischen Bevölkerung ist es, die aus einem landwirtschaftlich strukturierten Gebiet ein Land gemacht hat, das in Deutschland absolute Spitze ist bei der Wirtschaftskraft. Seehofer ist zuversichtlich, dass diese Mentalität weiterhin zu Großem fähig ist: "Bayern wird die Probleme meistern. Bayern wird gewinnen - sowohl in der Kunst, in der Kultur, im Sport wie in der Wirtschaft."

 

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