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Erschienen in der Frankenpost am 04.04.2011 
 

Der Spagat der HEW

 

Die "HofEnergie + Wasser" steigert in diesem Jahr ihren Anteil an Strom aus erneuerbaren Energien auf 47 Prozent. Und in Zukunft soll es noch mehr werden.

 
Hof - Sofort aus dem Atomstrom komplett auszusteigen, das wäre ein "wirtschaftliches Desaster". Zu diesem Schluss ist der Geschäftsführer der "Hof Energie + Wasser" (HEW), Claus Müller, in einem Gespräch mit der Frankenpost gelangt. Er erläuterte, wie sich in dem städtischen Unternehmen der Strom-Mix zusammensetzt mit Strom aus erneuerbaren Energien, aus fossilen Brennstoffen und aus Kernkraft.

Laut Claus Müller hat die HEW als Reaktion auf die Reaktorunfälle in Fukushima ihren Anteil an Ökostrom erhöht und kann die Haushaltskunden zu 100 Prozent mit Ökostrom beliefern. Der Anteil an Ökostrom im Energie-Mix der HEW werde in diesem Jahr, so laute die Prognose, bei 47 Prozent liegen - im Jahr 2009 waren es 29 Prozent. Und dieser Anteil soll weiter gesteigert werden.

Viele Anfragen

Nach der Reaktorkatastrophe in Japan seien viele Anfragen zum Thema Atomstrom und erneuerbare Energien bei der HEW eingegangen. "Es bedrückt jeden Bürger", meinte Müller. Die Entfernungen von Hof zu den AKWs in Temelin und Grafenrheinfeld, zu den deutschen und europäischen Kernkraftwerken seien ja nicht so groß. Die Frage der Loslösung vom Atomstrom sei allerdings auch für die HEW nur langfristig zu lösen. Müller erklärte: "Wir müssen die ökologische Seite betrachten und die Nachhaltigkeit, aber wir müssen auch unsere wirtschaftlichen Aufgaben erfüllen. Zum Schluss muss der Strom für die Bürger und die Wirtschaft bezahlbar bleiben." Dies sei ein "Spagat zwischen Ökonomie und Ökologie" - und den müsse eine Volkswirtschaft aushalten, meinte Müller.

Auch Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner sprach von vielen Anfragen zum Atomstrom, die ihn erreicht hätten, und wollte von Claus Müller wissen: "Warum geht es nicht, sofort aus dem Atomstrom auszusteigen?" Müller erklärte dies mit langfristig laufenden Verträgen - wobei "langfristig" hier einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren bedeute. So seien bis 2012/13 bereits etwa 30 Prozent des Stroms, den die HEW einkauft, durch Verträge festgelegt. Der weitere Strom werde durch kurzfristige Verträge und durch Tranchenlieferverträge an der Strombörse eingekauft. Jörg Richartz, Bereichsleiter Marketing und Vertrieb der HEW, ergänzte, dass diese langfristigen Verträge gleichzeitig eine gewisse Preisstabilität ermöglichten. "Aktuell heute hat der Strompreis an der Strombörse den absoluten Jahreshöchstpreis erreicht", erklärte er und ergänzte: "Die langfristigen Verträge haben jetzt einen Kostendämpfungseffekt." Beim Haushaltsstrom sei die HEW bereits jetzt "raus aus dem Atomstrom" - das ergebe sich rechnerisch aus den Werten im Energiemix.

Die HEW betreibt einige eigene gasbetriebene Blockheizkraftwerke (BHKW). Claus Müller kritisierte hier die zurückgegangene Förderung durch den Bund und vermisste diese Art der Energiegewinnung durch Gas im Energiekonzept des Bundes. Die BHKWs, die Wärme und Energie produzieren und einen Wirkungsgrad von 90 Prozent erreichen, könnten eine große Rolle spielen.

Die HEW selbst wird ihre Flächen für Solarstrom erhöhen. Harald Fichtner teilte mit, dass der Aufsichtsrat der Stadtwerke jetzt beschlossen hat, auf der Jahnturnhalle und auf der Freiheitshalle Photovoltaikanlagen zu errichten. Genauere Angaben dazu könnten im Moment aber noch nicht gemacht werden: "Da müssen erst die Techniker ran." Die HEW prüfe derzeit, sich an einem Windkraftprojekt in Münchenreuth zu beteiligen, informierte Claus Müller.

Neue Solaranlagen

Die Menge an Strom aus erneuerbaren Energien, die in das Netz der HEW eingespeist wird, steigt ständig an und liegt derzeit bei 34 Gigawattstunden; das sind 42 Prozent mehr als im Vorjahr. Jörg Richartz wies allerdings darauf hin, dass für die Industrie die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz eine hohe Kostenbelastung darstelle. Man müsse die ganze Stromproblematik ideologiefrei diskutieren und dabei vernetzt denken, meinte Richartz, und auch Geschäftsführer Claus Müller sagte: "Man muss die Komplexität des Ganzen betrachten."

Er selbst sei der Meinung, dass ein Zurücknehmen der Ansprüche der Menschen viel bewirken könne sowie das Ausschöpfen der Möglichkeiten zum Stromsparen: "Dann könnten wir auch ohne Atomstrom auskommen."

 

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