Von Thomas Schuberth-Roth
Hof - Das
Hofer Bahnhofsviertel ist das größte Gründerzeitviertel in
Oberfranken. Und Klaus-Martin Hesse nennt es nicht zuletzt deshalb
ein "besonderes Quartier mit besonderer Ausstrahlung und besonderem
Potenzial". Der Diplomgeograph von der Forum GmbH aus Oldenburg hat
einen besonderen Bezug zu dem Viertel entwickelt, das 1999 in das
Förderprogramm "Stadtteile mit besonderem Handlungsbedarf: Die
soziale Stadt" aufgenommen wurde. Im Auftrag der Stadterneuerung hat
er das 68,4 Hektar umfassende Sanierungsgebiet zwischen Februar und
September 2009 im Auftrag der Stadterneuerung GmbH untersucht. Seine
Ergebnisse hat er am Freitag im Hofer Stadtrat präsentiert.
Die meisten Gebäude in dem zwischen der
Altstadt, dem Bahnhof und der Saale gelegenen Quartier sind zwischen
1888 und 1914 entstanden. Gut 90 Prozent der etwa 3000 Wohnungen
befinden sich in Privatbesitz. Zum Projektstart lebten etwa 5500
Menschen hier, darunter viele Ausländer und Menschen mit
Migrationshintergrund. Laut den damaligen Bewerbungsunterlagen wurde
auf den Instandhaltungs- und Modernisierungsrückstau verwiesen und
darauf, dass Gewerbe, Handwerk und Handel das Viertel verlassen.
In seiner Bestandsaufnahme zehn Jahre nach
Projektbeginn spricht Hesse von einer "gemischten Erfolgsbilanz".
Sein Augenmerk galt zunächst der Gebäudesubstanz und der
Bevölkerungsentwicklung.
7,4 Millionen Euro Förderung
Der Gutachter hielt fest: "Aus dem
Förderprogramm sind in das innerstädtische Sanierungsgebiet nach
neun Jahren Laufzeit mehr als 7,4 Millionen Euro geflossen." Bis zum
Jahr 2008 wurden im Bahnhofsviertel etwa 65 Baumaßnahmen - darunter
Fassadensanierungen, Hofgestaltungen, Abbruchmaßnahmen und
Generalsanierungen - mit insgsamt fast 2,9 Millionen Euro gefördert.
Viele Häuser seien heute dadurch in einem weit besseren Zustand als
1999. Allerdings stellte er auch fest, dass sich die Zahl der
Gebäude der Kategorie "mittel bis schlecht" und "schlecht" kaum
verringert habe. Ein deutlicher Anstieg des Anteils schlecht
erhaltener Gebäude sei in Bach-, Brunnen-, Marien-, Friedrich- und
Bismarckstraße ermittelt worden.
Auch hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung
ist eine der Hoffnungen aus dem Jahr 1999 nicht erreicht worden:
"Die Zahl der Einwohner ist im Bahnhofsviertel weiterhin stärker
rückläufig als im übrigen Stadtgebiet. Die Trendwende wurde nicht
geschafft." Dabei spräche vieles dafür: Die Bevölkerung im Quartier
sei "recht jung", es werden hier seit 2005 - im Vergleich zum
übrigen Stadtgebiet - mehr Kinder geboren als Menschen sterben. Dass
es dennoch zwischen 1999 und 2009 einen Bevölkerungsverlust von 18
Prozent gegeben hat (stadtweit nur neun Prozent), ist laut Hesse auf
Folgendes zurückzuführen: Jährlich verlassen zwischen 70 und 80
Personen mehr das Quartier, als neue hinzuziehen.
Neben dem ungebremsten Bevölkerungsrückgang
hält der Gutachter zu den im Bahnhofsviertel lebenden Menschen fest:
Der Ausländeranteil ist von 29 Prozent im Jahr 1999 auf 23 Prozent
im Jahr 2009 zurückgegangen.
Weiter konzentrieren sich hier in besonderem
Maße sozial benachteiligte Menschen. Die Arbeitslosigkeit liegt um
etwa drei Viertel über dem Wert für die Stadt Hof insgesamt. Fast
jeder vierte von Hartz IV abhängige Enwohner der Stadt Hof wohnt im
Bahnhofsviertel.
Als sehr positiv vermerkte Gutachter
Klaus-Martin Hesse, dass zur Verbesserung und Erweiterung des
bedarfsspezifischen Infrastrukturangebots mit Hilfe des Programms
Soziale Stadt und durch begleitende Förderprogramme des Europäischen
Sozialfonds "weitere mehr als drei Millionen Euro für die Stadt Hof
nutzbar gemacht wurden".

Klaus-Martin Hesse Foto: ts-r
|