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Erschienen in der Frankenpost am 06.02.2010 

Der Blick in die Landwehrstraße unterstreicht: Viele Häuser im Bahnhofsviertel sind dank des Bund-Länder-Programms "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf: Die soziale Stadt" heute in einem besseren Zustand als vor knapp zehn Jahren, zum Zeitpunkt des Projektstarts. Foto: Ernst Sammer

Bahnhofsviertel auf dem Prüfstand

 
Von Thomas Schuberth-Roth

Hof - Das Hofer Bahnhofsviertel ist das größte Gründerzeitviertel in Oberfranken. Und Klaus-Martin Hesse nennt es nicht zuletzt deshalb ein "besonderes Quartier mit besonderer Ausstrahlung und besonderem Potenzial". Der Diplomgeograph von der Forum GmbH aus Oldenburg hat einen besonderen Bezug zu dem Viertel entwickelt, das 1999 in das Förderprogramm "Stadtteile mit besonderem Handlungsbedarf: Die soziale Stadt" aufgenommen wurde. Im Auftrag der Stadterneuerung hat er das 68,4 Hektar umfassende Sanierungsgebiet zwischen Februar und September 2009 im Auftrag der Stadterneuerung GmbH untersucht. Seine Ergebnisse hat er am Freitag im Hofer Stadtrat präsentiert.

Die meisten Gebäude in dem zwischen der Altstadt, dem Bahnhof und der Saale gelegenen Quartier sind zwischen 1888 und 1914 entstanden. Gut 90 Prozent der etwa 3000 Wohnungen befinden sich in Privatbesitz. Zum Projektstart lebten etwa 5500 Menschen hier, darunter viele Ausländer und Menschen mit Migrationshintergrund. Laut den damaligen Bewerbungsunterlagen wurde auf den Instandhaltungs- und Modernisierungsrückstau verwiesen und darauf, dass Gewerbe, Handwerk und Handel das Viertel verlassen.

In seiner Bestandsaufnahme zehn Jahre nach Projektbeginn spricht Hesse von einer "gemischten Erfolgsbilanz". Sein Augenmerk galt zunächst der Gebäudesubstanz und der Bevölkerungsentwicklung.

7,4 Millionen Euro Förderung

Der Gutachter hielt fest: "Aus dem Förderprogramm sind in das innerstädtische Sanierungsgebiet nach neun Jahren Laufzeit mehr als 7,4 Millionen Euro geflossen." Bis zum Jahr 2008 wurden im Bahnhofsviertel etwa 65 Baumaßnahmen - darunter Fassadensanierungen, Hofgestaltungen, Abbruchmaßnahmen und Generalsanierungen - mit insgsamt fast 2,9 Millionen Euro gefördert. Viele Häuser seien heute dadurch in einem weit besseren Zustand als 1999. Allerdings stellte er auch fest, dass sich die Zahl der Gebäude der Kategorie "mittel bis schlecht" und "schlecht" kaum verringert habe. Ein deutlicher Anstieg des Anteils schlecht erhaltener Gebäude sei in Bach-, Brunnen-, Marien-, Friedrich- und Bismarckstraße ermittelt worden.

Auch hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung ist eine der Hoffnungen aus dem Jahr 1999 nicht erreicht worden: "Die Zahl der Einwohner ist im Bahnhofsviertel weiterhin stärker rückläufig als im übrigen Stadtgebiet. Die Trendwende wurde nicht geschafft." Dabei spräche vieles dafür: Die Bevölkerung im Quartier sei "recht jung", es werden hier seit 2005 - im Vergleich zum übrigen Stadtgebiet - mehr Kinder geboren als Menschen sterben. Dass es dennoch zwischen 1999 und 2009 einen Bevölkerungsverlust von 18 Prozent gegeben hat (stadtweit nur neun Prozent), ist laut Hesse auf Folgendes zurückzuführen: Jährlich verlassen zwischen 70 und 80 Personen mehr das Quartier, als neue hinzuziehen.

Neben dem ungebremsten Bevölkerungsrückgang hält der Gutachter zu den im Bahnhofsviertel lebenden Menschen fest: Der Ausländeranteil ist von 29 Prozent im Jahr 1999 auf 23 Prozent im Jahr 2009 zurückgegangen.

Weiter konzentrieren sich hier in besonderem Maße sozial benachteiligte Menschen. Die Arbeitslosigkeit liegt um etwa drei Viertel über dem Wert für die Stadt Hof insgesamt. Fast jeder vierte von Hartz IV abhängige Enwohner der Stadt Hof wohnt im Bahnhofsviertel.

Als sehr positiv vermerkte Gutachter Klaus-Martin Hesse, dass zur Verbesserung und Erweiterung des bedarfsspezifischen Infrastrukturangebots mit Hilfe des Programms Soziale Stadt und durch begleitende Förderprogramme des Europäischen Sozialfonds "weitere mehr als drei Millionen Euro für die Stadt Hof nutzbar gemacht wurden".

 

Klaus-Martin Hesse Foto: ts-r
 

 

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