Integration braucht eine
solide Basis: Mit der Hofer Schulbegleitung (HSB) stehen Lernpaten
und Mentoren sozial benachteiligten Kindern zur Seite. Das Projekt
hat bayernweite Pilotfunktion.
Von Kerstin Dolde
Hof - "Die
gute Ausbildung von möglichst jedem Kind ist eine
gesamtgesellschaftliche Verpflichtung", sagt Bettina Zschätzsch. Die
studierte Pädagogin und neunfache Mutter hat es sich zur Aufgabe
gemacht, Kindern aus sozial benachteiligten Familien Hilfestellung
zu geben. Möglichst gute Chancen für alle Kinder ist das Credo.
Unter dem Dach der Integra Hof hat sie die Hofer Schul- und
Familienbegleitung gegründet, die nun schon seit 2006 sehr
erfolgreich arbeitet. Eine Gruppe von erfahrenen Eltern, Pädagogen,
engagierten Schülern und Menschen mit viel Herz für Kinder bildet
die Kernzelle der HSB. Das Ziel sei es, anderen Eltern und
Schulkindern zu helfen, "die es nicht so leicht haben". Swetlana
Merkel ist als Projekt-Koordinatorin sowohl Planerin als auch
Ansprechpartnerin für Mentoren und Lernpartner.
Sozial benachteiligte Familien brauchen, das weiß Bettina
Zschätzsch, Hilfe und Unterstützung, um die Chancen ihrer
Schulkinder auf Bildung und Teilhabe nachhaltig zu verbessern. Die
Erfahrung zeige, dass der Weg Erfolg haben könne. Viele Eltern
gerade mit Kindern im schulpflichtigen Alter nähmen die
Unterstützung bei den Erziehungsaufgaben gerne an. "Das kann zum
einen daran liegen, weil die Anforderungen größer oder vielfältiger
geworden sind oder sie in vielen Fragen unsicher sind", erklärt die
Hoferin.
Hier tritt die HSB auf den Plan. Sie unterstützt - aber fordert
zugleich - die Eltern beim Eintritt der Kinder in die Schule. "Also
zum frühestmöglichen Zeitpunkt der schulischen Laufbahn", sagt
Projektkoordinatorin Merkel. Die HSB nimmt die persönliche Situation
durch einen ehrenamtlichen Mentor in den Blick und bemüht sich,
vorbeugend Veränderungen in Gang zu setzen, die sich langfristig
positiv auf Lernen und Erreichen von Schulabschlüssen auswirken.
Das System ist wirkungsvoll: "Wir unterstützen die Eltern nach
einem Plan", erklärt Bettina Zschätzsch. Denn diese müssen ihre
Kinder ebenfalls unterstützen. So hält der Mentor mit den Eltern
Kontakt zur Schule, das Zeugnis der Kinder wird ausgewertet und
besprochen. Der ehrenamtliche Helfer gibt Anregungen zur Lese- und
Lernförderung. Teilhabe findet damit ganz konkret statt: Ein
passender Sportverein wird für das Kind gesucht, ein älterer Schüler
wird ausgesucht, der das Kind als Lernpartner gezielt unterstützt.
Kulturelle Impulse gibt es durch Angebote wie Schwimmkurse,
gemeinsame Theaterbesuche, Kinderfilmfest, Ferienpass oder
Familienausflug.
Die Mentoren sind dabei als "Brückenperson" tätig, sie treten
ähnlich wie gute Nachbarn in Erscheinung. Helfer werden zu jeder
Zeit gesucht. Wer als Mentor tätig wird, sollte Interesse für junge
Menschen haben, in der lokalen Bürgerschaft vernetzt sein, möglichst
Erfahrung mit Schulkindern haben und offen sein für Familien aus
anderen Kulturkreisen. "Die Einsatzzeit unserer Mentoren ist
individuell unterschiedlich und nicht an feste Termine gebunden",
weiß Bettina Zschätzsch.
Das Projekt der Hofer Schulbegleitung hat bayernweites Interesse
geweckt. Es wird auch im dritten Jahr im Auftrag des Bayerischen
Sozialministeriums vom Staatsinstitut für Familienforschung in
Bamberg (ifb) evaluiert. Im laufenden Schuljahr sollen nochmals 20
Erstklässler begleitet werden.
Das Interesse unter den Familien war groß, betont Merkel: "Wir
hatten die Familien ganz schnell gefunden. Die wissen, dass das
Angebot entscheidend ist." Binnen weniger Tage waren 18 Familien mit
im Boot. Die gute Zusammenarbeit mit den Schulen ist
Grundvoraussetzung.
Nicht nur Schulanfänger, sondern auch Schüler aller Jahrgänge
werden über das Programm "Soziale Stadt" unterstützt. Hier springt
die Oberfrankenstiftung für die Stadt Hof ein, die den Eigenanteil
nicht aufbringen könnte. "Wir könnten noch 50 Kinder aufnehmen, so
groß ist die Nachfrage. Doch das geht leider von unseren Kapazitäten
her nicht." Bettina Zschätzsch ist stolz auf das Projekt, das nun
schon im dritten Jahr eine Erprobungsphase durchläuft. "Durch die
Integrationsdebatte hat das Modell ein besonderes Interesse und das
Thema eine besondere Brisanz erreicht."
Für das Staatsinstitut in Bamberg tragen die Hofer Helfer, wie
vom Ministerium gefordert, viel Material zusammen - denn nur
geprüfte Projekte sollen mit Steuergeldern unterstützt werden. Nach
der Evaluation wird sich das Bayerische Sozialministerium
zurückziehen, will aber dann das Modell bayernweit den Kommunen zur
Nachahmung empfehlen, wenn die Ergebnisse weiterhin so positiv sind.
"Die Kassen der Kommunen sind allerdings in vielen Städten leer",
gibt die Hoferin, die auch für die CSU im Stadtrat sitzt, zu
bedenken. Für sie wäre es wünschenswert und sinnvoll, das Projekt
auch langfristig in der Saalestadt weiter anbieten zu können. Mit
viel Mühe und auch mit der Förderung von Stiftungen und Ministerium
sei hier ein wirkungsvolles, bürgerschaftliches Netzwerk aufgebaut
worden.
"Wir wissen, dass es hier viele Schüler gibt, die die Begleitung
auch in Zukunft nötig haben", sagt Zschätzsch. Und das seien
Schüler, die bereits im Programm sind - aber viele, die erst in
Zukunft eingeschult würden.
Mehr Informationen im Internet unter http://www.integra-hof.de/hofer-schulbegleitung.html
http://www.ifb.bayern.de/forschung/hoferschulbegleitung.html
Eine Gruppe von erfahrenen Eltern, Pädagogen, engagierten
Schülern und Menschen mit viel Herz für Kinder bildet die Kernzelle
der Hofer Schulbegleitung. Alle Kinder sollen gleiche Chancen auf
Bildung und Teilhabe bekommen. Fotos: dpa; K.
D. (2)
Thema des Tages: Familienförderung |