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Erschienen in der Frankenpost am 23.11.2010 

Bettina Zschätzsch

Gute Chancen für alle Kinder

 
Integration braucht eine solide Basis: Mit der Hofer Schulbegleitung (HSB) stehen Lernpaten und Mentoren sozial benachteiligten Kindern zur Seite. Das Projekt hat bayernweite Pilotfunktion.

Von Kerstin Dolde

Hof - "Die gute Ausbildung von möglichst jedem Kind ist eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung", sagt Bettina Zschätzsch. Die studierte Pädagogin und neunfache Mutter hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kindern aus sozial benachteiligten Familien Hilfestellung zu geben. Möglichst gute Chancen für alle Kinder ist das Credo.

Unter dem Dach der Integra Hof hat sie die Hofer Schul- und Familienbegleitung gegründet, die nun schon seit 2006 sehr erfolgreich arbeitet. Eine Gruppe von erfahrenen Eltern, Pädagogen, engagierten Schülern und Menschen mit viel Herz für Kinder bildet die Kernzelle der HSB. Das Ziel sei es, anderen Eltern und Schulkindern zu helfen, "die es nicht so leicht haben". Swetlana Merkel ist als Projekt-Koordinatorin sowohl Planerin als auch Ansprechpartnerin für Mentoren und Lernpartner.

Sozial benachteiligte Familien brauchen, das weiß Bettina Zschätzsch, Hilfe und Unterstützung, um die Chancen ihrer Schulkinder auf Bildung und Teilhabe nachhaltig zu verbessern. Die Erfahrung zeige, dass der Weg Erfolg haben könne. Viele Eltern gerade mit Kindern im schulpflichtigen Alter nähmen die Unterstützung bei den Erziehungsaufgaben gerne an. "Das kann zum einen daran liegen, weil die Anforderungen größer oder vielfältiger geworden sind oder sie in vielen Fragen unsicher sind", erklärt die Hoferin.

Hier tritt die HSB auf den Plan. Sie unterstützt - aber fordert zugleich - die Eltern beim Eintritt der Kinder in die Schule. "Also zum frühestmöglichen Zeitpunkt der schulischen Laufbahn", sagt Projektkoordinatorin Merkel. Die HSB nimmt die persönliche Situation durch einen ehrenamtlichen Mentor in den Blick und bemüht sich, vorbeugend Veränderungen in Gang zu setzen, die sich langfristig positiv auf Lernen und Erreichen von Schulabschlüssen auswirken.

Das System ist wirkungsvoll: "Wir unterstützen die Eltern nach einem Plan", erklärt Bettina Zschätzsch. Denn diese müssen ihre Kinder ebenfalls unterstützen. So hält der Mentor mit den Eltern Kontakt zur Schule, das Zeugnis der Kinder wird ausgewertet und besprochen. Der ehrenamtliche Helfer gibt Anregungen zur Lese- und Lernförderung. Teilhabe findet damit ganz konkret statt: Ein passender Sportverein wird für das Kind gesucht, ein älterer Schüler wird ausgesucht, der das Kind als Lernpartner gezielt unterstützt. Kulturelle Impulse gibt es durch Angebote wie Schwimmkurse, gemeinsame Theaterbesuche, Kinderfilmfest, Ferienpass oder Familienausflug.

Die Mentoren sind dabei als "Brückenperson" tätig, sie treten ähnlich wie gute Nachbarn in Erscheinung. Helfer werden zu jeder Zeit gesucht. Wer als Mentor tätig wird, sollte Interesse für junge Menschen haben, in der lokalen Bürgerschaft vernetzt sein, möglichst Erfahrung mit Schulkindern haben und offen sein für Familien aus anderen Kulturkreisen. "Die Einsatzzeit unserer Mentoren ist individuell unterschiedlich und nicht an feste Termine gebunden", weiß Bettina Zschätzsch.

Das Projekt der Hofer Schulbegleitung hat bayernweites Interesse geweckt. Es wird auch im dritten Jahr im Auftrag des Bayerischen Sozialministeriums vom Staatsinstitut für Familienforschung in Bamberg (ifb) evaluiert. Im laufenden Schuljahr sollen nochmals 20 Erstklässler begleitet werden.

Das Interesse unter den Familien war groß, betont Merkel: "Wir hatten die Familien ganz schnell gefunden. Die wissen, dass das Angebot entscheidend ist." Binnen weniger Tage waren 18 Familien mit im Boot. Die gute Zusammenarbeit mit den Schulen ist Grundvoraussetzung.

Nicht nur Schulanfänger, sondern auch Schüler aller Jahrgänge werden über das Programm "Soziale Stadt" unterstützt. Hier springt die Oberfrankenstiftung für die Stadt Hof ein, die den Eigenanteil nicht aufbringen könnte. "Wir könnten noch 50 Kinder aufnehmen, so groß ist die Nachfrage. Doch das geht leider von unseren Kapazitäten her nicht." Bettina Zschätzsch ist stolz auf das Projekt, das nun schon im dritten Jahr eine Erprobungsphase durchläuft. "Durch die Integrationsdebatte hat das Modell ein besonderes Interesse und das Thema eine besondere Brisanz erreicht."

Für das Staatsinstitut in Bamberg tragen die Hofer Helfer, wie vom Ministerium gefordert, viel Material zusammen - denn nur geprüfte Projekte sollen mit Steuergeldern unterstützt werden. Nach der Evaluation wird sich das Bayerische Sozialministerium zurückziehen, will aber dann das Modell bayernweit den Kommunen zur Nachahmung empfehlen, wenn die Ergebnisse weiterhin so positiv sind.

"Die Kassen der Kommunen sind allerdings in vielen Städten leer", gibt die Hoferin, die auch für die CSU im Stadtrat sitzt, zu bedenken. Für sie wäre es wünschenswert und sinnvoll, das Projekt auch langfristig in der Saalestadt weiter anbieten zu können. Mit viel Mühe und auch mit der Förderung von Stiftungen und Ministerium sei hier ein wirkungsvolles, bürgerschaftliches Netzwerk aufgebaut worden.

"Wir wissen, dass es hier viele Schüler gibt, die die Begleitung auch in Zukunft nötig haben", sagt Zschätzsch. Und das seien Schüler, die bereits im Programm sind - aber viele, die erst in Zukunft eingeschult würden.

Mehr Informationen im Internet unter http://www.integra-hof.de/hofer-schulbegleitung.html

http://www.ifb.bayern.de/forschung/hoferschulbegleitung.html

 Eine Gruppe von erfahrenen Eltern, Pädagogen, engagierten Schülern und Menschen mit viel Herz für Kinder bildet die Kernzelle der Hofer Schulbegleitung. Alle Kinder sollen gleiche Chancen auf Bildung und Teilhabe bekommen. Fotos: dpa; K. D. (2)

Thema des Tages: Familienförderung

 

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