Die Bundesregierung plant
eine massive Kürzung der Städtebauförderung. Davon betroffen ist
auch das Programm "Soziale Stadt". Im Bahnhofsviertel droht ein
radikaler Kahlschlag.
Von Thomas Schuberth-Roth
Hof - Keine
Projekte mehr, kein Stadtteilbüro, keine Chance auf Verstetigung des
bisher Erreichten. "Die erfolgreiche Arbeit bei Integration, Bildung
und Bürgerbeteiligung wird so mit einem Schlag zunichte gemacht",
warnt das Bürgergremium Bahnhofsviertel. Dessen Sprecher - Ilse
Rösch und Heiko-Uwe Beuerle - fürchten dramatische Einschnitte in
dem Hofer Vorzeigeprojekt, sollte wahr werden, was die gelb-schwarze
Regierung noch im November beschließen will.
Die Bundestagsentscheidung im fernen Berlin träfe das Hofer
Bahnhofsviertel ins Mark: Hier, im größten Gründerzeitviertel in
Oberfranken, sorgen seit Jahren gerade nicht-investive Maßnahmen für
ausgesprochen positive Schlagzeilen. Über das Programm "Die soziale
Stadt" wurden die Voraussetzungen geschaffen für die Erweiterung des
schulischen Angebots durch eine vernetzte Ganztagsbetreuung. Die
Sophienschule entwickelte sich dadurch zum Knotenpunkt für die
Zusammenarbeit etlicher sozialer Träger. In der Folge stieg die
Übertrittsquote der Schüler auf Gymnasium und Realschule. Dies, so
hat auch ein Gutachten im Sommer festgestellt, sei ein
aussagekräftiges Indiz für den Erfolg von Maßnahmen im schulischen
und vorschulischen Bereich. Die Quote der Übertritte hat sich damit
seit dem Jahr 2000/01 annähernd verdoppelt.
Wichtige soziale Projekte
Als Beispiele nennen Beuerle und Rösch das Projekt "Sprich mit
mir!" für Kleinkinder von Migrantenfamilien oder die gezielte
Unterstützung von Viertklässlern an der Sophienschule durch den
Verfügungsfonds des Bürgergremiums. Solche Fortschritte seien auch
im Hofer Rathaus positiv bewertet worden, weiß sie.
Aber: "Damit kann nun von heute auf morgen Schluss sein." Der
Grund dafür: Ein Kernstück des Programms "Soziale Stadt" steht
offensichtlich kurzfristig vor dem Aus.
Rösch weiß mittlerweile, was die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU
und FDP Anfang Oktober von der Öffentlichkeit nahezu unbeachtet in
einem Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zum
Haushaltsgesetz beschlossen haben, nämlich: Zukünftig soll "das
Programm Soziale Stadt auf die investiven Aufgaben konzentriert
werden" und Förderprojekte "zum Erwerb der deutschen Sprache,
Verbesserung von Bildungsabschlüssen, Betreuung von Jugendlichen
sowie im Bereich der lokalen Ökonomie gestrichen werden". In diesen
Tagen soll der Bundestag endgültig darüber entscheiden.
"Das vorgesehene Streichkonzert geht vor allem zulasten der
Integration von Migranten", sagt Beuerle. "Unverständlich und
kontraproduktiv" empfinden er und Rösch dies gerade angesichts der
aktuellen Diskussion um die Thesen Thilo Sarrazins.
Bürgergremium auf Kippe
Gefährdet, wenn nicht gar unmöglich, werde
durch die Kürzung auch das erst im Sommer beschlossene
Verstetigungskonzept für das Bahnhofsviertel. Der Stufenplan sieht
eine schrittweise Reduzierung der Begleitung durch das
Quartiersmanagement und eine gleichzeitige Übertragung von Aufgaben
auf das Bürgergremium vor. "Wir stehen hinter diesem Konzept und
wollen unseren Part übernehmen", bestätigt Rösch.
Nun aber fürchten sie und Beuerle, dass das
Konzept hinfällig werden könnte. Mehr noch: Sie sehen auch das
Stadtteilbüro der Stadterneuerung in der Königstraße auf der Kippe.
Droht bereits eine Schließung zum Jahresende?
Claus Müller, Chef der Stadterneuerung Hof,
der das Bürgerbüro angegliedert ist, bestätigt die Befürchtungen des
Bürgergremiums. Er sagt auf Anfrage, dass man bereits für das Jahr
2011 Fördermittel in Höhe von 200 000 Euro beantragt habe. Diese wie
auch der vereinbarte Stufenplan seien bereits von der Regierung in
Bayreuth positiv beschieden worden. Allerdings heißt es laut Müller
in dem Schreiben der Regierung "vorbehaltlich der Zuweisung der
Mittel des Bundes".
Genau dieser Passus sorgt für Ungewissheit.
Das weiß Müller. "Das ist eine Hängepartie. Keiner weiß, ob oder wie
es weitergeht." Völlig unbefriedigend sei die Situation vor allem
für die Mitarbeiter im Bürgerbüro, ergänzt er. "Die beiden
Arbeitsplätze sind in akuter Gefahr, wenn die Mittel nicht
zugewiesen werden", spricht Müller Klartext. Angesichts der
"unbestreitbaren Erfolge des Programms Soziale Stadt" findet er die
Mittelkürzung "unverständlich".
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