Seit gestern ist die
mittlere Marienstraße gesperrt. Die Geschäftsleute kritisieren, viel
zu spät informiert worden zu sein. Viele fürchten, dass die Kunden
wegbleiben werden.
Von Lisbeth Kaupenjohann
Hof - "Das
ist ein ,schönes Geschenk' der Stadt für die Einzelhändler!" Doris
Tuckermann-Mündel, die seit 28 Jahren den Kinderladen Steinboss
führt, ist derzeit nicht gut zu sprechen aufs Hofer Rathaus. Der
erste Tag, an dem die Marienstraße wegen Kanalbauarbeiten von der
Luitpold- bis zur Schillerstraße gesperrt ist, verlief
erwartungsgemäß ruhig. Zu ruhig nach dem Geschmack der
Geschäftsleute in diesem Bereich. Die meisten fürchten jetzt ums
Weihnachtsgeschäft.
Hoffen auf Stammkunden
"Am Donnerstag letzter Woche wurden wir über die Baumaßnahme
informiert. Der Einzelhandel hat aber mittlerweile ein halbes Jahr
Vorlauf für das Weihnachtsgeschäft - und von diesem leben wir", sagt
die Geschäftsinhaberin des Kinderladens. "Jetzt können wir nicht
mehr reagieren. Welche Stadt macht denn so etwas, in der
Vorweihnachtszeit eine der Hauptgeschäftsstraßen zu sperren?" Doris
Tuckermann-Mündel hofft jetzt, dass ihre treuen Kunden trotzdem
kommen, auch wenn sie weitab parken müssen. "Aber Einbußen wird es
auf jeden Fall geben."
Catrin Hoffmann, Inhaberin des Tee- und Kräuterladens "Alraune",
der heuer sein 25. Jubiläum feiert, ist am Boden zerstört. "Was soll
ich tun? Ich habe das Haus voller Waren, die ich jetzt sicher nicht
alle verkaufen kann", äußert sie ihre Befürchtungen. "Hätte ich vier
Wochen früher von den Bauarbeiten gewusst, hätte ich weniger
eingekauft oder nach anderen Verkaufsräumen gesucht. Schließlich
lebe ich das ganze Jahr hauptsächlich vom Weihnachtsgeschäft." Sie
hat bereits bei Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner nachgefragt,
ob sie vielleicht eine Weihnachtsbude in der Altstadt einrichten
oder wenigstens mit einer Werbetafel auf ihren Laden hinweisen
dürfe. "Es wurden allerdings noch keine Alternativen aufgezeigt."
Eine Kundin mit einem kleinen Jungen kommt gerade herein. "Ich
habe in der Bayreuther Straße geparkt und bin hergelaufen", sagt
sie. "Mit einem kleinen Kind ist das nicht so einfach. Müssen diese
Bauarbeiten denn gerade jetzt sein?" Natürlich werde sie trotzdem
weiter hier einkaufen. "Jetzt erst recht!"
Die beiden Angestellten von Büro-Schäfer sind heute erst einmal
zu spät zur Arbeit gekommen, weil sie sich erst einmal mit der neuen
Verkehrslage zurechtfinden mussten. "Auch der Paketdienstfahrer hat
ganz schön geflucht." Momentan könne man ja noch zu Lieferzwecken
anfahren. Aber was, wenn die Straße erst einmal aufgegraben ist?
"Wir haben ein Lager in der Kulmbacher Straße und müssen da mehrmals
täglich hin und her."
Wenig erfreut über die Baustelle äußern sich auch andere Anwohner
wie etwa die Inhaberin des Restaurants "Bangkok" oder die
Betreiberin der Werbefirma Klos und Popp. Alle wissen natürlich,
dass die Kanalarbeiten nötig sind und durchgeführt werden müssen.
Nur der Zeitpunkt sei äußerst ungünstig.
Reinhard Seeber, Seniorchef des gleichnamigen
Kinderfachgeschäfts, bleibt dennoch zuversichtlich: "Wer zu uns
kommen will, wird trotz der Baustelle kommen", meint er. "In dieser
Umgebung gibt es wirklich gute Läden. Das wissen die Kunden. Wir
leben von zufriedenen Kunden, von denen viele sogar von auswärts
kommen." Seeber weist Anrufer deshalb schon am Telefon auf die
Baustelle hin und rät, das Auto im Parkhaus abzustellen. "Ich
ersetze sogar die Parkgebühren."
Noch fließt der Verkehr
Zufrieden mit diesem ersten Tag ist Verkehrssachbearbeiter
Alexander Horn von der Polizei-Inspektion Hof. "Es gab keinerlei
Probleme." Allerdings seien derzeit auch noch Ferien. "Wenn nächste
Woche wieder die Schule angeht, könnte es durchaus sein, dass es eng
wird in den Straßen. Die Marienstraße ist eben eine
Hauptverkehrsader." Da die obere Bismarckstraße nicht mehr vom
"Strauß" her befahrbar sei, könne der Verkehr zu den
Hauptverkehrszeiten schon mal ins Stocken kommen. |