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Erschienen in der Frankenpost am 16.09.2010 
 

 

Viele kleine Schritte helfen

 
In der Stadt Hof ist die Integration ausländischer Mitbürger seit jeher ein Thema. Es gibt unterschiedliche Ansätze, wenn auch wenig Geld. Zahlreiche Menschen engagieren sich - mit Erfolg.

Von Lisbeth Kaupenjohann

Hof - Die Grafik oben - sie zeigt übrigens den Stand vom 30. Dezember 2009 (Quelle: Stadt Hof) - gibt die Zahl der ausländischen Mitbürger in Hof mit zehn Prozent an; davon sind sechs Prozent türkischer Abstammung. "Wir haben keinen Thilo Sarrazin gebraucht, um festzustellen, dass Integration wichtig ist", meint Bürgermeister Eberhard Siller, der seit 1996 für den Fachbereich Jugend und Soziales sowie Schulen zuständig ist. "Inzwischen haben rund 9000 Hofer einen Migrationshintergrund, das sind etwa 20 Prozent der Bevölkerung. Insgesamt ist die Zahl der in Hof lebenden Ausländer allerdings leicht rückläufig."

In Hof kämpft man nach Sillers Worten seit Jahren, unterstützt durch verschiedene Vereine und Organisationen, um die Eingliederung der Migranten. Er nennt zum Beispiel EIBA, Stadtjugendring, Volkshochschulen, katholische, evangelische und freikirchliche Einrichtungen, Migrationsdienst und Quartiersbetrieb. Nicht zuletzt würden bei den alljährlich stattfindenden Integrationsgesprächen mit rund 30 Vertretern der verschiedenen Gruppierungen ausländischer Mitbürger anstehende Probleme besprochen und neue Projekte angestoßen. Auch an den Schulen und in den Kindertagesstätten werde Integrationsarbeit betrieben, natürlich auch in vielen Vereinen.

Projekt "Stadtteilmütter"

In den 1990er-Jahren habe man noch öfter Probleme zwischen türkischen Jugendlichen und jungen Aussiedlern gehabt. Daher habe Hof als eine der ersten Städte in Bayern einen Streetworker eingesetzt. Alexander Säbel, der aus der ehemaligen Sowjetunion stamme, habe als Sportlehrer guten Zugang zu den jungen Menschen gefunden. "Heute nutzen auch deutsche und türkische Jugendliche die sportlichen Angebote in der Christian-Wolfrum-Schule und kommen sich dabei näher", freut sich Eberhard Siller.

Von der Bundesrepublik hätten die Kommunen in der Vergangenheit wenig Unterstützung bei ihrer Integrationsarbeit erfahren. Auch die "Multikulti"-Mentalität in den 1990er-Jahren sei wenig hilfreich gewesen. Doch inzwischen hätten alle begriffen, dass vor allem Sprachkenntnisse wichtig sind, damit ausländische Mitbürger teilhaben können am öffentlichen Leben. "Wichtig ist, dass die Kinder von klein auf Deutsch sprechen und schreiben können", meint der Bürgermeister.

Zusätzlich zu den bestehenden Angeboten ("Sprich mit mir", "STEEP") werde der Stadtrat am morgigen Freitag in seiner Sitzung eine weitere Integrations-Maßnahme beantragen, die sich speziell an die "Stadtteilmütter" wende. Mütter mit Migrationshintergrund, die gut Deutsch sprechen, sollen auf andere zugehen und sie dazu ermuntern, die Sprache zu erlernen. "Das ist nachbarschaftlich und besser, als wenn die ,Obrigkeit' verlangt, dass Deutsch gelernt wird", meint Eberhard Siller.

Man müsse eben immer wieder die Werbetrommel rühren, damit Eltern einsehen, dass ihre Kinder nur dann echte Chancen in der Schule und am Arbeitsplatz haben, wenn sie die deutsche Sprache beherrschen. Sie sei der Schlüssel zu allem weiteren. Der Bürgermeister ist zuversichtlich: "Die Jahresberichte der Schulen zeigen, dass immer mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund einen guten Schulabschluss schaffen und dann sogar studieren. Die Arbeit, die in der Stadt über Jahre hin geleistet worden ist, trägt Früchte."

Nie zu alt zum Lernen

Eberhard Siller will das Buch von Thilo Sarrazin nicht lesen. "Ich verschaffe mir meine eigenen Eindrücke und Erkenntnisse - schließlich gibt es hier dazu genug Gelegenheit." Natürlich wisse er, dass es auch in Hof Jugendliche gebe, die weder die deutsche Sprache noch anderes lernen wollen und daher ohne qualifizierenden Abschluss bleiben. Jeder Einzelne sei zu viel. Aber es gebe ja auch noch die Jugendwerkstatt und andere Qualifizierungsangebote. "Man ist nie alt genug, um weiter zu lernen."
 

 

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