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Erschienen in der Frankenpost am 20.08.2010 
 

Zwischen Lust und Frust

 
Sechs Stadtratsneulinge berichten aus ihrer Arbeit. Die Motivation, für Hof etwas voranzubringen, haben sie trotz der Finanznot nicht verloren.

Von Jan Fischer

Hof - 2008 war die Hofer Haushalts-Welt noch in Ordnung. 2008 - im Jahr der Stadtratswahl. 13 neue Stadträte zogen in das Gremium ein. Sie erlebten zum Auftakt ihrer Tätigkeit ein Jahr, in dem viele Weichen gestellt wurden. Der Stadt gelang es, zwei große Schulsanierungen und die Generalsanierung der Freiheitshalle in die Wege zu leiten. Doch schon 2009 zogen dunkle Wolken über dem Rathaus auf, und für 2010 war der Etat nicht mehr auszugleichen. "Die Haushaltslage ist äußerst angespannt", sagte Regierungspräsident Wilhelm Wenning im Frankenpost-Interview. Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht entscheidend ändern, werden die kommenden Jahre nach Ansicht von Experten keine Besserung der Finanzlage bringen. Gut möglich also, dass der Gestaltungs-Spielraum des Stadtrats auf Jahre hinweg auf ein Minimum beschränkt bleibt.

Dennoch beteuern sechs Stadtratsneulinge, die wir befragten, dass ihre Motivation nicht unter der finanziellen Krise leidet. Roland Stiller (CSU) meint gar, es sei jetzt wichtiger, sich für die Stadt einzusetzen, als in guten Zeiten. Denn: Wenn ausreichend Geld vorhanden sei, "ist es relativ einfach". Frust zu schieben, sei keine Lösung, sagt Stiller. Er persönlich habe sich zum Ziel gesetzt, für seinen Stadtteil Wölbattendorf etwas zu tun und Handwerker und Gewerbetreibende zu fördern. Immerhin habe er erreicht, dass es Fortschritte bei der Verlegung der Bushaltestelle in Wölbattendorf gebe.

Der jüngste der aktuell 44 Stadträte ist Florian Strößner (SPD). "Ich bin mit großer Euphorie herangegangen", räumt der 25-Jährige ein. Doch die Haushaltslage und die Mehrheits-Verhältnisse im Stadtrat hätten ihn schnell zurück auf den Boden der Tatsachen gebracht. Dennoch mache es ihm Spaß, Entscheidungen zu treffen und mit manchem Antrag etwas bewegen zu können. "Unkonventionelle Ideen müssen nicht viel Geld kosten."

Runhild Laubmann (FAB) hat in den ersten Jahren als Stadträtin schon einen Rückschlag hinnehmen müssen: Die Landesausstellung 2014 kommt nicht nach Hof - sie hatte sich dafür stark gemacht. Trotzdem will sie nicht den Kopf in den Sand stecken und setzt sich neue Ziele. "Das Wirth-Denkmal sollte an einen besseren Platz umziehen."

Laubmanns FAB-Kollege Michael Hübschmann findet die Stadtratsarbeit nach wie vor spannend: "Man bekommt einen Einblick in die Abläufe in einer Stadt." Im Kleinen könne man als einzelner Stadtrat durchaus etwas bewegen. Das Dilemma erkennt freilich auch er: Für Pflichtaufgaben wie für den Luftbrücken-Neubau müsse Geld da sein - über Kleinigkeiten hingegen werde oft groß diskutiert. Hübschmann hofft, dass sich einige Projekte aus dem Kernstadt-Konzept umsetzen lassen.

Den Optimismus will auch Domonik Zeh (CSU) nicht verlieren. "Wir haben doch 2009 viel geschafft", meint er. Im vergangenen Jahr habe die Stadt große Projekte begonnen; nun gelte es, sie zügig fertigzustellen. Ein wichtiges Anliegen für den jungen Unternehmer: "Hof muss attraktiv bleiben." Und für den Trainer der ASV-Ringer ist zudem wichtig, dass der Sport weiter Unterstützung erhält - "aber das hängt halt auch an der Haushalts-Entwicklung".

Eine neue politische Farbe hat Thomas Etzel in den Stadtrat gebracht: Er ist der erste Vertreter der Partei Die Linke im Plenum. Etzel hat sich, wie er sagt, keine Illusionen gemacht, als er im Mai 2008 an den Start ging: "Die Haushaltslage in Hof war doch schon seit vielen Jahren mies." Im laufenden Jahr bleibe dem Stadtrat nur noch bei den freiwilligen Leistungen ein geringer Spielraum. Doch bleibt ein Ziel: "Ich will mich für die Menschen einsetzen, die sonst keine Lobby in Hof haben."

Der Gestaltungs-Spielraum des Hofer Stadtrats ist deutlich eingeschränkt. In der "haushaltslosen Zeit" darf die Stadt nur begonnene Projekte fortsetzen - oder dringend notwendige und unumgängliche Vorhaben umsetzen. Da keine Besserung der Haushaltslage in Sicht ist, wird der Stadtrat in der Sitzung heute eine Resolution an die bayerische Staatsregierung verabschieden. Unser Bild entstand bei der Sitzung Ende Juli. Fotos: Ernst Sammer/Archiv

 

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