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Erschienen in der Frankenpost am 18.08.2010 

Regierungspräsident Wilhelm Wenning setzt auf bürgerschaftliches Engagement. Nur damit lassen sich nach seiner Ansicht Zukunftsprojekte wie das Kernstadt-Konzept mit Leben erfüllen. Foto: Kauper

"Die Haushaltslage ist äußerst angespannt"

 
Herr Regierungspräsident, wie lässt sich die Hofer Haushaltslage in wenigen Worten beschreiben?

Die Stadt Hof hat 2010 keinen genehmigten Haushalt. Deshalb richtet sich die Haushaltsführung nach den einengenden Vorschriften der haushaltslosen Zeit. Die begonnenen Großprojekte wie Freiheitshalle, Schulbauten dürfen weitergeführt werden. Die aktuelle Haushaltslage der Stadt ist äußerst angespannt.

Hat die Stadt Hof nach Ihrer Meinung alle Möglichkeiten des Sparens ausgeschöpft?

Der Begriff des Sparens ist natürlich mehrdeutig. Es kann darunter Konsumverzicht gesehen werden, als auch das vorhandene Vermögen durch Unterhalts-Maßnahmen pfleglich zu erhalten. Nicht nur die Stadt Hof, sondern die meisten Kommunen haben noch Möglichkeiten, ihren Haushalt durch Sparmaßnahmen zu konsolidieren. Der Konsolidierungs-Bedarf der Stadt Hof ist natürlich besonders hoch.

Welche Perspektiven sehen Sie für die Finanzen der Stadt? Erscheint es nicht realistisch, dass die Kämmerei in Hof auf Jahre hinweg keinen ausgeglichenen Haushalt präsentieren wird?

Für die Stadt Hof wird es nach der eigenen Finanzplanung mittelfristig schwierig sein, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Die Finanzen der Stadt sind auch weitgehend von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und den Steuereinnahmen abhängig. Dem Ziel, wieder einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, kommt zentrale Bedeutung zu. Dies erfordert natürlich eine ausgesprochene Haushaltsdisziplin.

Wie könnte die Stadt Hof wieder in die Lage kommen, gestalten zu können und nicht nur verwalten zu müssen?

Finanzielle Gestaltungs-Spielräume hat eine Kommune nur dann, wenn sie in der Lage ist, ihren Schuldendienst aus den laufenden Einnahmen zu erwirtschaften und darüber hinaus auch einen Anteil für Investitionen aus den laufenden Einnahmen erwirtschaften kann. Ob der Stadt Hof dies gelingt, hängt entscheidend nicht nur von der gesamtwirtschaftlichen Lage, sondern auch von den weiteren Konsolidierungs-Anstrengungen ab.

Verglichen mit den anderen kreisfreien Städten und den Landkreisen im Regierungsbezirk Oberfranken: Ist Hof so etwas wie Ihr Sorgenkind?

Von den kreisfreien Städten Oberfrankens hat die Stadt Hof besondere Probleme, weil sie einerseits viele Einrichtungen vorzuhalten hat und andererseits die Einnahme-Entwicklung mit der Ausgaben-Entwicklung nicht Schritt hält.

Was macht ein Oberzentrum generell aus?

Oberzentren sind nach dem Landesentwicklungs-Programm Bayern die dominierenden Zentren der Wirtschaft und Beschäftigung in Bayern. Sie ermöglichen die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen in allen Bereichen des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens. Sie sind Sitz wirtschaftlicher Organisationen sowie bedeutender Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung, des Sozial- und Gesundheitswesens, der Kultur, der Rechtspflege und der Verwaltung. Oberzentren müssen sich als attraktive Wohn- und Wirtschaftsstandorte weiterentwickeln können. Eine zunehmend wichtige Rolle nehmen dabei auch weiche Standortfaktoren, wie die Umweltqualität, das soziale und kulturelle Angebot sowie Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten ein.

Mit welchen Pfunden kann Ihrer Ansicht nach speziell das Oberzent-rum Hof wuchern?

Hof kann als Oberzentrum mit vielen Pfunden wuchern. Als leistungsfähiger Wirtschaftsstandort mit starken Kompetenzen - Logistikagentur, Automobilzuliefererpark Hochfranken - und zwei Hochschulen - die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege sowie die Hochschule für angewandte Wissenschaften - hat die Stadt eine überregionale Ausstrahlung. Durch die Lage im Herzen Europas, die gute Verkehrsinfrastruktur - Autobahnen, Verkehrslandeplatz, Schienenverkehrs-Anbindung - und bezahlbare Grundstückspreise bietet Hof Erfolgsvoraussetzungen für Unternehmen. Hohe Lebensqualität im Umfeld der angrenzenden Naturparke und Feriengebiete mit vielfältigen Freizeitmöglichkeiten sowie attraktive Kulturangebote wie das Theater Hof, die Hofer Symphoniker oder die Internationalen Hofer Filmtage machen das Leben in Hof lebenswert.

Welcher Spielraum bleibt einer Kommune überhaupt noch in einer haushaltslosen Zeit wie aktuell in Hof?

In der haushaltslosen Zeit ist die finanzielle Beweglichkeit natürlich eingeschränkt. Die Stadt darf finanzielle Leistungen nur erbringen, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist und die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind. Auch bei Fortsetzungs-Maßnahmen muss die Finanzierung gesichert sein - das heißt, es muss eine Deckung vorhanden sein. Die notwendigen Kreditaufnahmen dürfen der Wiederherstellung einer geordneten Haushaltswirtschaft und der dauernden Leistungsfähigkeit nicht widersprechen.

Die Zukunft der Städtebauförderung steht auf der Kippe. Was wären die Folgen eines Wegfalls dieses Förderinstruments?

Im Landkreis Hof profitieren in diesem Programmjahr insgesamt 17 Kommunen und die Stadt Hof von der Städtebauförderung. Insgesamt werden im Jahr 2010 Mittel aus der Städtebauförderung für Maßnahmen mit rund drei Millionen Euro förderfähigen Kosten bereitgestellt. Die Folgen der in Berlin diskutierten Kürzung der Städtebauförderung wären für Oberfranken verheerend. Die Städtebauförderung ist ein wichtiger Motor für die Bauwirtschaft, sie ist mit ihren umfangreichen Leistungen ein wirksames Instrument nicht nur für die Städte, sondern gerade auch für den ländlichen Raum.

Welche Mittel flossen in jüngster Zeit aus dem Topf der Städtebauförderung?

Im Jahr 2009 standen in Oberfranken über zehn Millionen Euro Städtebau-Fördermittel des Bundes zur Verfügung. Dazu kamen EU- und Landesmittel in Höhe von

" Für die Stadt Hof wird es mittelfristig schwierig sein, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen "


 

rund 16 Millionen Euro, sodass im letzten Jahr 70 Städte und Gemeinden mit über 26 Millionen Euro Zuschüssen unterstützt werden konnten. Davon flossen über 80 Prozent in den ländlichen Raum. Da diese Mittel in der Regel mit 40 Prozent von den Gemeinden kofinanziert werden müssen, resultierte daraus ein bedeutendes Auftragsvolumen für die örtliche Bauwirtschaft.

Welche Auswirkungen hat dies auf den Arbeitsmarkt?

Das durch die Fördermittel ausgelöste Investitionsvolumen - auch in anderen Wirtschaftszweigen - beträgt bekanntlich etwa das Achtfache der Zuschüsse und bewirkt eine positive Arbeitsmarkt-Entwicklung und Konjunktur-Belebung, insbesondere in strukturschwachen Regionen. Gerade für die vom demografischen und wirtschaftlichen Wandel stark betroffenen oberfränkischen Kommunen sind umfassende Erneuerungs-Strategien dringend erforderlich. Städtebauförderung sorgt für eine nachhaltige Stadtentwicklung, sichert die künftige Qualität des Wohnens und setzt klimapolitische Ziele um. Nachdem für das Programmjahr 2010 bereits eine Kürzung der Bundesmittel von zehn Prozent erfolgt ist, würde eine weitere derart drastische Streichung Stillstand, ja sogar Rückschritt in der wirtschaftlichen Entwicklung nach sich ziehen, die notwendigen Strukturverbesserungen blockieren und bereits begonnene Maßnahmen in den Stadt- und Ortszentren brach liegen lassen.

Welche Konsequenzen hätte dies für neue Projekte?

Neue Maßnahmen könnten überhaupt nicht mehr aufgenommen werden. Das schadet nicht zuletzt der Entwicklung der Ortszentren und Innenstädte in Oberfranken. Deshalb sehe ich in einer angemessenen Mittelausstattung der Städtebauförderung ein wichtiges Förderinstrument für die Zukunftsfähigkeit unserer oberfränkischen Städte, Märkte und Gemeinden.

Wie lassen sich Projekte aus Hofs Kernstadt-Konzept umsetzen?

Erklärtes Ziel der Stadt Hof ist es, mit Hilfe des Kernstadt-Konzeptes Privataktivitäten optimal aufeinander abzustimmen. Privates Kapital soll mobilisiert werden, um Maßnahmen zur Aufwertung der Innenstadt ohne städtische Beteiligung auf den Weg zu bringen. In der haushaltslosen Zeit können die erforderlichen Eigenmittel der Stadt Hof für die Städtebauförderung nicht aufgebracht werden. Die mit der Erstellung des Kernstadt-Konzeptes beauftragten Büros werden deshalb Maßnahmen vorschlagen, die vor allem die Aktivierung bürgerschaftlichen Engagements zur Verstetigung des Stadterneuerungs-Prozesses in Hof im Blick haben.

Aktuell laufen in Hof zahlreiche kommunale Millionenprojekte. Was aber, wenn diese abgeschlossen sind - und die Stadt dann nichts investieren kann?

Neben den von Ihnen angesprochenen "Millionenprojekten" wie der Sanierung der Münch-Ferber-Villa hat die Stadt zahlreiche andere Maßnahmen, Konzepte und Projekte, die als sogenannte Fortführungs-Maßnahmen betrachtet werden - zum Beispiel Freiheitshalle, Hofecker Schule, Schule am Longoliusplatz und Jahnturnhalle. Für diese sind bereits in finanziell günstigeren Zeiten Verpflichtungs-Ermächtigungen genehmigt worden.

Wie wirkt sich das Konjunkturpaket II für Hof aus?

Die Stadt Hof hat für 16 Projekte aus dem Konjunkturpaket II und dem Investitionspakt 2009 Förderungen erhalten. Allein aus dem Konjunkturpaket II stehen der Stadt Hof Fördermittel von rund 5,1 Millionen Euro zur Verfügung, mit denen Schulen, Kindergärten energetisch saniert und Städtebauprojekte und Lärmschutzmaßnahmen an kommunalen Straßen finanziert werden. Dazu kommen noch weitere 2,5 Millionen Euro aus dem Investitionspakt 2009, die die Regierung jetzt für die energetische Sanierung der Münsterschule bewilligt hat. Rund 7,6 Millionen Euro fließen damit in die Stadt, die Investitionen von gut neun Millionen Euro ermöglichen.

Welchen Rat geben Sie den Stadtoberen in Hof?

Hinsichtlich der prekären Haushaltslage der Stadt Hof und der angekündigten Kürzung der Städtebauförderungsmittel empfehlen wir der Stadt Hof, sich auf wichtige Schwerpunkte der Stadtsanierung zu konzentrieren. Vor dieser schwierigen Situation steht im Übrigen die Mehrzahl der Städte und Gemeinden in Hochfranken. Aus der Erfahrung aber wissen wir, dass auch kleinere Maßnahmen zur Verstetigung der Sanierungserfolge der letzten Jahrzehnte beitragen werden.

Welche Bedeutung kommt den Investitionen zu?

Investitionen sind ein Aspekt der Zukunftssicherung, sie können andererseits aber auch hohe Folgekosten und laufende Belastungen späterer Haushalte mit sich bringen. Der Schluss, dass hohe Investitionen generell eine Vorsorge für stabile Haushalte in der Zukunft darstellen, wäre falsch. Jedes einzelne Vorhaben muss unter Nutzen- und Aufwands-Gesichtspunkten abgewogen werden.

Sind Finanzierungsmodelle wie für die Münch-Ferber-Villa und die Museums-Erweiterung aus Ihrer Sicht in Zukunft der richtige Weg?

Die Sanierung der Münch-Ferber-Villa und die Erweiterung des Museums Bayerisches Vogtland sind Maßnahmen, die im Rahmen des EU-Strukturfonds gefördert werden. Zusätzlich zu den Städtebauförderungsmitteln der EU und des Freistaates Bayern fließen Mittel der Oberfrankenstiftung, des Entschädigungsfonds, der Bayerischen Landesstiftung und des Kulturfonds Bayern in diese Maßnahmen. Der Ansatz, zum Eigenanteil teilweise durch Spenden und bürgerschaftliches Engagement beizutragen, ist sehr begrüßenswert. Nur durch eine solche Mittelbündelung können Vorhaben dieser Größenordnung überhaupt noch auf den Weg gebracht werden. Wir freuen uns, die Revitalisierung bedeutender Baudenkmäler in Oberfranken damit unterstützen zu können. Aufgrund der angekündigten Kürzungspläne in der Städtebauförderung und der Finanzknappheit auch in anderen Fördertöpfen wird unser Handlungs-Spielraum vermutlich jedoch in Zukunft eingeschränkt sein.

Das Gespräch führte Jan Fischer

" Wir empfehlen der Stadt Hof, sich auf wichtige Schwerpunkte der Stadtsanierung zu konzentrieren "

Regierungspräsident Wilhelm WenningsRat an die Stadtoberen in Hof

 

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