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Erschienen in der Frankenpost am 23.06.2010 

Hochschullehrer Klaus Völkel

Gratwanderung aus der Finanz-Klemme

 
Wissenschaftler Klaus Völkel weiß: Bis die Stadt ihre Finanzen in den Griff bekommt, werden viele Jahre vergehen. Jeder Euro müsse auf den Prüfstand.

Von Susanne Glas

Hof - "Der Sparkurs, den Hof braucht, ist für einen Bürgermeister schwer zu verkaufen!" Wer Klaus Völkel nach einer Lösung für die Finanzmisere der Saalestadt fragt, bekommt eine Antwort, in der Hoffnung und Ernüchterung zugleich stecken. An der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Hof lehrt er das, was in den Rathäusern einer jeden deutschen Stadt und Gemeinde praktiziert werden sollte: das Wirtschaften. Und er weiß: "Die Finanzen einer Stadt sind ein hochkomplexes Gebilde. Aber: Bis die Not so groß ist wie in Hof, dauert es Jahre. Und genauso lange wird es selbst im Falle eines eisernen Sparkurses dauern, bis sie gelindert ist."

Nach dem Patentrezept gefragt, mit dessen Hilfe die städtischen Finanzen wieder in ruhiges Fahrwasser gelenkt werden könnten, winkt Klaus Völkel ab: Eine allgemeingültige Antwort gebe es nicht. Allerdings spiele der Schuldendienst generell eine große Rolle, insbesondere die Frage nach den Kreditzinsen. Oft könne nämlich schon durch eine sinnvolle Umschuldung viel Geld gespart werden.

Doch auch die freiwilligen Leistungen müssten auf den Prüfstand. Hier gebe die bayerische Gemeindeordnung ganz klar vor: Freiwillige Leistungen darf eine Stadt erst dann erbringen, wenn sie ihre Pflichtaufgaben erfüllen kann. "In der Praxis sind die gesetzlichen Vorgaben eine große Herausforderung", sagt Völkel, immerhin seien doch beispielsweise die Kultur im weitesten Sinne oder auch Schwimmbäder freiwillige Leistungen. Hier könne eine Stadt sehr viel Geld sparen, allerdings sei höchste Vorsicht geboten. "Einsparungen auf diesem Gebiet können massive Einschnitte für das städtische Leben bedeuten, Zuzüge verringern, Abwanderung verstärken, kurz: Die Stadt verliert an Lebensqualität", warnt der Wissenschaftler. Je nach Art der Leistung seien von Kürzungen oder Streichungen viele Menschen, wie im Fall des Hallenbades, oder einzelne Gruppen, etwa bei Zuschüssen für Vereine, betroffen. Daher gelte es genau abzuwägen. Doch egal ob 100 oder 10 000 Betroffene - "Rein juristisch gesehen müsste eine Stadt in finanziellen Notsituationen die freiwilligen Leistungen mindestens einfrieren", sagt Völkel.

Sparen könne die Kommune zudem beim Energieverbrauch, etwa durch günstigere Verträge, beim Unterhalt städtischer Gebäude oder Personalkosten. "Aber auch hier gilt es, den Haushalt Posten für Posten durchzugehen, denn übermäßiges Sparen kann langfristig schnell zu hohen Folgekosten führen", warnt der Fachmann und führt den Kundendienst für die städtische Fahrzeugflotte als Beispiel an.

Ein großes Sparpotenzial würden zudem die Investitionen bergen, die allerdings häufig an hohe Fördersätze gebunden seien. Sprich: Investiert die Stadt nichts an Eigenmitteln, gehen ihr hohe Zuschüsse durch die Lappen. "Einer finanzschwachen Stadt bleibt am Ende gar nichts anderes übrig, als auf diese Fördergelder und damit auf die Durchführung vieler Maßnahmen zu verzichten", sagt Völkel und fügt an, dass er ein strikter Verfechter der Haushaltskonsolidierung mit dem ersten Schritt der Schuldenreduzierung sei. "Alles andere ist meines Erachtens auf längere Sicht gesehen nicht zielführend", sagt er - auch mit Blick auf kommende Generationen, denen mit zunehmender Verschuldung der Handlungsspielraum genommen werde.

Und damit nochmal zurück zum Patentrezept: Zumindest für die Stadt Hof empfiehlt Klaus Völkel einen strikten Sparkurs, "und zwar über viele Jahre hinweg". Nur so lasse sich das Finanz-Dilemma langfristig in den Griff bekommen. Allerdings müssten dafür alle Bürger die Zähne zusammenbeißen: vom Hallenbad-Schwimmer bis zum Rathauschef, der auf Spatenstiche, Eröffnungen und teure Empfänge verzichten - und den Bürgern diesen Kurs erklären - muss.

Klaus Völkel

"Einer finanzschwachen Stadt bleibt nicht anderes übrig, als auf Fördergelder zu verzichten "

 

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