Hof -
Vor gut vier Wochen ist der Startschuss für das
Stadtteilkonzept "Kernstadt" gefallen, kürzlich trat erstmals die
eigens dafür installierte Koordinierungsgruppe im Haus der Jugend
zusammen. Etwa 30 Personen - Vertreter aus der Geschäftswelt und
Politik ebenso wie von Pro-Hof und Agenda 21 sowie Stadtjugendring,
Seniorenbeirat und Bürgerinitiative "Kein Altstadtdach" - erarbeiten
hier Vorschläge und gangbare Wege für eine Aufwertung der
"Kernstadt", die auf einer Länge von etwa 1,2 Kilometer und 630
Meter Breite eine Fläche von 52,4 Hektar umfasst.
Im Rahmen der Koordinierungsgruppe
berichteten die für das Stadtteilkonzept beauftragten Planungsbüros
- Lars Bölling und Vinzenz Dilcher vom Büro UmbauStadt und Roland
Wölfel von der CIMA Beratung und Management GmbH - über erste
Ergebnisse ihrer Untersuchungen. Laut Mitteilung war darin eine
erste Analyse einer Vielzahl von Gesprächen eingeschlossen.
Der Blick des Stadtplaners
Bölling, der für die stadtplanerischen Arbeiten zuständig ist,
stellte mit Blick auf die Erhebungen für das Gebiet, das im Süden
von Pfarr und Friedrichstraße, im Norden vom Sigmundsgraben und in
der Ost-West-Ausrichtung von Saale und Marienstraße begrenzt wird,
diese Tatsachen fest:
Zwischen 2002 und 2009 sind der Kernstadt mehr als sieben Prozent
der knapp 2500 Einwohner verloren gegangen.
In der Folge führte das zu Leerständen vor allem im
Wohnungsbereich. Auch in eigentlich attraktiven Zonen,
beispielsweise im Bereich der Klosterstraße oder der Saale, stehen
Wohnungen leer.
Bölling nannte als mögliche Ursache den Zustand vieler Gebäude.
Eine überdurchschnittliche Zahl von Häusern wird laut dem Experten
als "schlecht" oder "sehr schlecht" klassifiziert.
Vor diesem Hintergrund betonte der Fachmann die Bedeutung des
Themas Wohnen für die Zukunft der Kernstadt.
Der Stadtplaner machte auch Mut: "Der öffentliche Raum ist
durchschnittlich in einem guten Zustand." Allerdings gibt es
Schwachstellen. Er listete auf:
Gestaltungsbedarf zur Verbesserung der stadträumlichen
Funktionen; an mehreren Schwerpunkten "wirklicher Sanierungsbedarf".
Den dringenden Handlungsbedarf machte Bölling auch an diesem Indiz
fest: Die Ladenmieten sind in den Jahren von 2007 bis 2008 auffällig
zurückgegangen.
Gedanken zum Marketing
Aspekte des Marketings hat Roland Wölfel im Blick. Er hat mit
seinen Mitarbeitern in den einzelnen Straßen und Gebietsabschnitten
den Anteil mit Läden, deren Sortiment und auch deren Qualität und
Zielgruppenausrichtung untersucht. Der Marketingspezialist aus
Forchheim stellte hierzu fest:
Im Durchschnitt sind 15,2 Prozent der Läden in der "Kernstadt"
veraltet und weisen mit Blick auf die Ladeneinrichtung und die
Warenpräsentation einen Modernisierungsbedarf auf. Zum Vergleich: Im
Bundesdurchschnitt liegt der Modernisierungsbedarf unter etwa 50 000
erfassten Betrieben bei rund 10 Prozent.
Wölfel hat jedoch auch erkannt:
Die Probleme verteilen sich nicht gleichmäßig: "In manchen
Straßen ist man up to date, in anderen ist dringender Nachholbedarf
gegeben."
Wölfel sagte zur Vorgehensweise der Untersuchung, dass man neben
einer methodischen Sichtung und Wertung auch Personen befragt habe,
die die Stadt Hof vorher nicht kannten. Letztere haben festgestellt,
dass "das Angebot des Einzelhandels in der Stadt besser ist als
erwartet". Das Folgende sei bei der Befragung besonders
positiv aufgefallen:
die Freundlichkeit und die Serviceorientierung in den Hofer
Geschäften.
Negativ bewertet wurde:
Der insgesamt sehr große Einkaufsbereich ist in seiner
Zusammengehörigkeit für Ortsfremde schwer wahrzunehmen.
Zu einer ähnlichen Bewertung kam auch Stadtplaner Vinzenz Dilcher
von UmbauStadt. Er beschrieb die Hofer Innenstadt als
"wenig kompakt, sondern sehr lang gestreckt". Das gebe es in
dieser Form kaum.
Verstärkt werde dieser Eindruck dadurch, dass auf der Strecke
zwischen Sigmundsgraben und Pfarr auch "beachtliche Steigungen" zu
bewältigen sind.
Ein Blick aus der Vogelperspektive machte ein weiteres Manko
deutlich:
Das Gebiet weist - von der Nähe der Saale abgesehen - nur sehr
wenige Grünflächen aus. Insbesondere die Innenhöfe seien sehr stark
bebaut.
Dilcher zeigte sich zuversichtlich: "Schafft man hier Abhilfe,
dann hilft das auch beim Anbieten qualitätvoller Wohnungen, zum
Beispiel im Gebiet rund ums Rathaus, das mit seinem
biedermeierlichen Charakter hierfür gut geeignet ist."
Auffällig nannte Dilcher, dass die Saale zwar sehr nah sei, aber
nur wenige Wege zu ihr führen, die für Ortsunkundige noch dazu kaum
zu finden sind.
Vom Platz vor der Hospitalkirche bis zum Strauß reichte der
Bogen, den die Stadtplaner spannten, um auf die Bereiche
hinzuweisen, die überarbeitet werden müssen. Problematisch, vor
allem für Ortsfremde, nannten sie die "Eingangspforten" in die
Innenstadt:
An der Kreuzung Sigmundsgraben/Ludwigstraße sei nicht erkennbar,
dass es hier in die Innenstadt geht. Das gelte ebenso für den
südlichen Zugang der Bismarckstraße oder auch den Übergang zwischen
Ludwigstraße und Altstadt beim Oberen Tor.
Die Diskussion
Im Anschluss an die Fachvorträge schloss sich eine Diskussion der
Ausführungen in zwei Arbeitsgruppen an. Als Ergebnis hielt man
zahlreiche Anregungen fest, die bei den weiteren Planungen bedacht
werden sollen. So soll ein künftiger Schwerpunkt auf Plätze und
Ruhezonen in der Stadt gelegt werden. Diese hatte die Mehrheit als
wesentlich für einen angenehmen Aufenthalt erkannt. Gedacht werde
dabei an "Spielpunkte", die für Familien mit Kindern attraktiv sind,
oder auch an eine Versorgung mit WLAN-Netzen, um hier besonders
junge Menschen und Studenten anzuziehen. In Teilbereichen soll auch
die Beleuchtung verändert werden. Als ein Problem bei der Vermietung
von Wohnungen und auch Läden wurden fehlende Garagenstellplätze im
Kernbereich ausgemacht.
Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner zog am Ende ein positives
Fazit des ersten Treffens der Koordinierungsgruppe: "Diese
Veranstaltung war sehr konstruktiv." red
Die zwei Säulen des Stadtteilkonzepts
Auf zwei Säulen, die sich ergänzen und aufeinander aufbauen, soll
das Stadtteilkonzept "Kernstadt" stehen. Die Seite der
stadtplanerischen Arbeiten wird betreut vom Büro UmbauStadt, während
den Aspekt des Stadtmarketings die Agentur CIMA bearbeitet. Der
Rahmenplan soll bis zum Herbst 2010 erarbeitet werden. In enger
Abstimmung mit der Bürgerschaft und den relevanten Gruppen sowie den
Fachleuten aus Verwaltung und Politik werden Vorschläge eingebracht,
die ebenfalls zur Diskussion gestellt werden und schließlich vom
Stadtrat zu beschließen sind. Laut Oberbürgermeister Dr. Harald
Fichtner soll die Entwicklung des Konzepts "transparent und mit
größtmöglicher Beteiligung Betroffener und Bürger insgesamt
bewerkstelligt werden". |