Aktuelles
Erschienen in der Frankenpost am 18.01.2010 

Dr. Harald Fichtner,
CSU-Kreisvorsitzender
Hof-Stadt

"Die Partei sehnt sich nach mehr Führung"

 
Herr Dr. Fichtner, die CSU-Spitze zeigt sich mit einem Umfrageergebnis von 41 Prozent zufrieden. Wie soll man das glauben?

Zufrieden darf man nie sein, sonst wird man nicht besser. Aber vor zwei Jahren hätte keiner geglaubt, dass wir auf diesen Wert rutschen könnten. Das ist aber die Entwicklung in der Gesellschaft. Ich sehe daher den Niedergang der SPD auch ohne Häme. Die Volksparteien waren der ideologische Kitt der Gesellschaft, entweder man stand auf Seite A oder auf Seite B. Heute haben sich die Interessen atomisiert und die Menschen sind damit schwerer zu erreichen. Und mit 41 Prozent können wir uns da gottlob noch als Volkspartei bezeichnen. Glücklich bin ich mit dem Ergebnis trotzdem nicht, aber es gibt Wege nach oben.

Die scheinen aber schwer begehbar. Seit den Querelen um den damaligen Ministerpräsidenten Stoiber wird die CSU von Unruhe beherrscht.

Mein Eindruck ist, dass sich die Partei nach mehr Führung sehnt. Da muss was von der Parteiführung und vom Ministerpräsidenten kommen. Ich kann mich noch an 2003 erinnern. Da haben wir zu Stoiber hochgesehen und waren stolz, für ihn arbeiten zu dürfen. Beckstein und Huber haben die Erwartungen nicht erfüllen können. Das Problem sehe ich auch bei Seehofer, der nicht die Herzen aller in der Partei erreicht. Wir leiden unter dem, was Stoiber damals Schröder vorgeworfen hat: Beliebigkeit. Man muss sich nur mal überlegen, was beim Rauchergesetz passiert ist. Da soll jetzt der Bürgerentscheid dazu führen, dass wir wieder zum alten CSU-Entwurf zurückkehren. Das zeigt den Mangel an Klarheit bei unseren Themen.

Kommen wir zu den Personen. Wenn Seehofer nicht die Herzen aller erreicht - es gibt einen, der dies momentan offenbar schafft. Wäre zu Guttenberg ein potenzieller Nachfolger?

Natürlich. Er verkörpert die alten Werte der Partei in ihrer ganzen Breite, wie es Strauß immer formuliert hat - konservativ, liberal, sozial. Und das kann er gut. Er hat ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit, an Kompetenz und Sympathie. Und er ist ein Oberfranke.

Die Region hat einen Bundesminister und einen Landesgruppenchef in Berlin und einen Fraktionsvize in München vorzuweisen. Da sollte man sich etwas erwarten dürfen.

Das tun wir auch. Hof hat den einzig verbliebenen Bundeswehrstandort in Oberfranken, unter Guttenberg wird das auch so bleiben. Und Hans-Peter Friedrich, der jetzt die Landesgruppe führt, hat auch starken Einfluss. Wir müssen selbst aber auch etwas daraus machen, da sind wir gefordert.

In Hof zeigt die CSU Geschlossenheit und scheint fest im Sattel zu sein. Wird sich aber das Geplänkel in München und in Kreuth nicht auch auf lokaler Ebene auswirken?

So etwas ist kaum vorherzusagen. Aber was wir auf jeden Fall wieder brauchen, das ist Politik aus einem Guss. Stoiber hat sich wie kein anderer auch um lokale Themen gekümmert. Das muss wieder so werden, weil uns das in letzter Zeit einfach abgegangen ist. Dann werden wir auch wieder mehr wahrgenommen. Das ist auch bei uns intern ein großes Thema, es gibt da eine gewisse Verunsicherung. Wir kämpfen und wir haben auch Unterstützung, in München könnten wir aber besser vertreten sein. In der Person von Melanie Huml haben wir zwar eine Staatssekretärin im Kabinett, aber als Bambergerin ist sie für unsere spezifischen Themen schon wieder zu weit weg.

Das Gespräch führte Harald Werder

Interview
 

 

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