Herr Dr. Fichtner, die
CSU-Spitze zeigt sich mit einem Umfrageergebnis von 41 Prozent
zufrieden. Wie soll man das glauben?
Zufrieden darf man nie sein, sonst wird man
nicht besser. Aber vor zwei Jahren hätte keiner geglaubt, dass wir
auf diesen Wert rutschen könnten. Das ist aber die Entwicklung in
der Gesellschaft. Ich sehe daher den Niedergang der SPD auch ohne
Häme. Die Volksparteien waren der ideologische Kitt der
Gesellschaft, entweder man stand auf Seite A oder auf Seite B. Heute
haben sich die Interessen atomisiert und die Menschen sind damit
schwerer zu erreichen. Und mit 41 Prozent können wir uns da gottlob
noch als Volkspartei bezeichnen. Glücklich bin ich mit dem Ergebnis
trotzdem nicht, aber es gibt Wege nach oben.
Die scheinen aber schwer begehbar. Seit den
Querelen um den damaligen Ministerpräsidenten Stoiber wird die CSU
von Unruhe beherrscht.
Mein Eindruck ist, dass sich die Partei nach
mehr Führung sehnt. Da muss was von der Parteiführung und vom
Ministerpräsidenten kommen. Ich kann mich noch an 2003 erinnern. Da
haben wir zu Stoiber hochgesehen und waren stolz, für ihn arbeiten
zu dürfen. Beckstein und Huber haben die Erwartungen nicht erfüllen
können. Das Problem sehe ich auch bei Seehofer, der nicht die Herzen
aller in der Partei erreicht. Wir leiden unter dem, was Stoiber
damals Schröder vorgeworfen hat: Beliebigkeit. Man muss sich nur mal
überlegen, was beim Rauchergesetz passiert ist. Da soll jetzt der
Bürgerentscheid dazu führen, dass wir wieder zum alten CSU-Entwurf
zurückkehren. Das zeigt den Mangel an Klarheit bei unseren Themen.
Kommen wir zu den Personen. Wenn Seehofer
nicht die Herzen aller erreicht - es gibt einen, der dies momentan
offenbar schafft. Wäre zu Guttenberg ein potenzieller Nachfolger?
Natürlich. Er verkörpert die alten Werte der
Partei in ihrer ganzen Breite, wie es Strauß immer formuliert hat -
konservativ, liberal, sozial. Und das kann er gut. Er hat ein hohes
Maß an Glaubwürdigkeit, an Kompetenz und Sympathie. Und er ist ein
Oberfranke.
Die Region hat einen Bundesminister und einen
Landesgruppenchef in Berlin und einen Fraktionsvize in München
vorzuweisen. Da sollte man sich etwas erwarten dürfen.
Das tun wir auch. Hof hat den einzig
verbliebenen Bundeswehrstandort in Oberfranken, unter Guttenberg
wird das auch so bleiben. Und Hans-Peter Friedrich, der jetzt die
Landesgruppe führt, hat auch starken Einfluss. Wir müssen selbst
aber auch etwas daraus machen, da sind wir gefordert.
In Hof zeigt die CSU Geschlossenheit und
scheint fest im Sattel zu sein. Wird sich aber das Geplänkel in
München und in Kreuth nicht auch auf lokaler Ebene auswirken?
So etwas ist kaum vorherzusagen. Aber was
wir auf jeden Fall wieder brauchen, das ist Politik aus einem Guss.
Stoiber hat sich wie kein anderer auch um lokale Themen gekümmert.
Das muss wieder so werden, weil uns das in letzter Zeit einfach
abgegangen ist. Dann werden wir auch wieder mehr wahrgenommen. Das
ist auch bei uns intern ein großes Thema, es gibt da eine gewisse
Verunsicherung. Wir kämpfen und wir haben auch Unterstützung, in
München könnten wir aber besser vertreten sein. In der Person von
Melanie Huml haben wir zwar eine Staatssekretärin im Kabinett, aber
als Bambergerin ist sie für unsere spezifischen Themen schon wieder
zu weit weg.
Das Gespräch führte Harald Werder
Interview
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