Von Hannes Keltsch
Hof - Die
Stadt Hof erfüllt einen seit Jahren geäußerten Wunsch der
muslimischen Gemeinden. Der Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung
der Schaffung eines muslimischen Gräberfelds zugestimmt. Die in Hof
lebenden Moslems können also verstorbene Angehörige künftig auf dem
städtischen Friedhof bestatten, gemäß ihres Glaubens und ihrer
Riten.
Aytunc Kilincsoy, Vorsitzender des Deutsch-türkischen
Freundeskreises Hof, betont aber: Es werde nicht ein eigener
muslimischer Friedhof geschaffen. Vielmehr werde das Gräberfeld der
Hofer Friedhofssatzung unterliegen. In Städten wie Bamberg,
Forchheim und seit einigen Wochen auch in Bayreuth gebe es solche
Stätten schon.
Immer mehr jüngere Moslems, deren Familien in dritter oder
vierter Generation in Deutschland leben, wünschten sich, ihre
Angehörigen, auch nach dem Tode in ihrer Nähe zu haben. Dies könne
übrigens durchaus zu Konflikten zwischen den Generationen führen,
räumt Aytunc Kilincsoy ein: Es bedürfe zu Lebzeiten manchmal
schwieriger Überzeugungsarbeit gegenüber Vater, Mutter oder
Großeltern, dass diese einem Begräbnis fern der früheren Heimat
zustimmen.
Für die jüngeren Moslems wiederum bedeute diese Entscheidung auch
ein Bekenntnis zu Hof, ein "patriotisches Bekenntnis zur neuen
Heimat Deutschland, an der sie hängen. Das ist ein Schritt in die
Normalität, dass Moslems hier Fuß fassen."
Über 4000 Moslems leben etwa in Hof, das sind mehr als acht
Prozent. Bisher ist es die Regel, dass Verstorbene zum Begräbnis in
ihre frühere Heimat überführt werden, zum Beispiel in die Türkei
oder nach Tunesien. Das kostet aber viel Geld. Es gibt auch
muslimische Organisationen, finanziert über Beiträge, die sich um
die Überführung kümmern.
Der Hofer Friedhof ist zunächst einmal für Hofer da. Doch auch
Moslems aus dem Landkreis dürfen hier ihre letzte Ruhestätte finden:
Die Angehörigen können dies beantragen. "Es gibt schon Anfragen",
berichtet Aytunc Kilincsoy.
Er schildert die religiösen und traditionellen Hintergründe:
Moslems glauben wie Christen an ein Leben nach dem Tod, und sie
glauben an den Jüngsten Tag. Ein Toter sollte nach muslimischem
Brauch so schnell wie möglich bestattet werden, und zwar in
"jungfräulicher Erde", wie es im Koran heißt.
"Manchen ist das egal", räumt Kilincsoy ein. Anderen Gläubigen
jedoch sei es ein großes Anliegen, den Koran auch hier zu
respektieren. Kilincsoy unterstreicht aber noch einmal: Das
Gräberfeld wird den Vorschriften der Hofer Friedhofssatzung und dem
deutschen Bestattungsgesetz unterliegen. Daher werde auch bei
muslimischen Begräbnissen die sogenannte Sargpflicht gelten.
Eigentlich, so will es der Brauch, werden Moslems ohne Sarg
bestattet. Um dieser Tradition trotz der in Deutschland geltenden
Sargpflicht möglichst entgegenzukommen, werden die Särge
verstorbener Moslems mit Erde gefüllt. Die Gräber werden so
ausgerichtet, dass die Toten mit dem Gesicht in Richtung Mekka
liegen.
Die Gräber sähen ähnlich aus wie christliche Grabstätten, erklärt
Kilincsoy weiter. Auch sie sind versehen mit viereckigen Steinen aus
Marmor, die eine Sure aus dem Koran tragen, den Namen des Toten und
den Geburts- und Todestag.
Die Gottesdienste für die Verstorbenen wird der Imam in der
Moschee Theresienstraße halten. Auf dem Friedhof muss der Sarg -
nach einer rituellen Waschung des Toten im Waschraum des
Krematoriums - von Angehörigen auf den Schultern zum Grab getragen
werden, um so dem Verstorbenen eine letzte Ehre zu erweisen.
Kilincsoy betont, dass das Gräberfeld die Hofer Steuerzahler
nichts kosten wird. "Die Stadt stellt das Grundstück zur Verfügung.
Alles andere übernehmen die muslimischen Gemeinden, die
Osmanli-Moschee und die Alevitische Gemeinde."
Der Hofer Dekan Günter Saalfrank begrüßt das Vorhaben. Die
muslimischen Mitbürger erhielten damit die Möglichkeit, ihren
Angehörigen eine würdige letzte Ruhestätte zu geben, und sie bekämen
einen Platz zum Trauern. "Auf einem Friedhof muss Platz für alle
sein", sagt Saalfrank. Das Gräberfeld spiegele die gesellschaftliche
Änderung in Hof wider: "Die Moslems sind bei uns keine Gastarbeiter
mehr, sondern Mitbürger." |