Von Christoph Plass
Hof - In der
kurzen aber erfolgreichen Geschichte der Bioenergie in Hof wird
gerade ein neues Kapitel geschrieben: Seit einigen Tagen rollen
wieder die Bagger im Bioenergiepark zwischen Hof und Zedtwitz:
Nachdem vor einem halben Jahr das erste Kraftwerk der Anlage in
Betrieb gegangen war, hat nun der zweite Bauabschnitt begonnen. Die
zweite Anlage soll nach ihrer Fertigstellung noch mehr grünen Strom
und saubere Nahwärme liefern als die erste: 800 Kilowatt Strom
erzeugt das neue Kraftwerk pro Stunde. Zum Vergleich: Anlage Nummer
eins schafft 716 Kilowatt.
In dieser Woche haben die Arbeiter damit begonnen, aus
Stahl-Elementen den riesigen Fermenter zusammenzuschweißen - das
große Rund, in dem die angelieferte Biomasse gärt und Gase abgibt.
Gleichzeitig entstehen zwei Beton-Behälter: der sogenannte Nachgärer
und das Endlager für die gebrauchte Silage. "Voraussichtlich im Juni
oder Juli kommt der letzte Teil der Anlage", sagt Raban Woryna vom
Projektentwickler "Enbion": das Blockheizkraftwerk, das die
Elektrizität produziert.
Obwohl die zweite Anlage größer ist als die bereits bestehende,
werden die Bauarbeiten weit weniger Zeit in Anspruch nehmen, erklärt
Woryna: Das Gebäude für die Verwaltung und die technische Wartung
sowie die Wärme-Trassen zum Nachbarn Viessmann Kältetechnik bestehen
bereits. An Viessmann fließt nicht nur die gesamte überschüssige
Wärmeenergie, die bei der Gärung entsteht, sondern auch ein Großteil
der elektrischen Energie.
Der Zeitplan ist eng gestrickt, im September soll die Anlage ans
Netz gehen. Die Verdoppelung der produzierten Energie bedingt dann
freilich auch einen Anstieg der benötigten Mengen: "Wir haben
mittlerweile etwa 20 Landwirte aus der Region unter Vertrag", sagt
Raban Woryna. Wenn Anlage zwei läuft, werden etwa 25 000 Tonnen
Biomasse im Jahr vergoren - je nachdem, zu welchen Teilen die
Fermenter mit Gülle, Gras- und Maissilage befüllt werden.
Den Ausbau der Biomasse-Nutzung in Hof und im Allgemeinen
begleitet immer auch ein Gegenargument: Warum Nahrungsmittel für den
Tank anbauen statt für Teller oder Trog? "Weil in Europa noch immer
Überproduktion vorherrscht", sagt Raban Woryna. Bislang werde nur
ein sehr kleiner Teil der landwirtschaftlichen Produkte für die
Energiegewinnung genutzt - "das halte ich für sinnvoller, als teure
fossile Energie einzukaufen", kommentiert er.
Die Anlage im Regnitztal ist zudem weit mehr als nur ein grüner
Stromlieferant. Einer der Projektpartner von Entwickler Enbion und
dem Betreiber EE:BS ist die Verbundnetz-Gas-AG in Leipzig, einer der
größten Erdgas-Lieferanten Europas. Für den Energie-Riesen ist die
Hofer Anlage ein deutschlandweit einmaliges Pilotprojekt, das bei
Erfolg zur Nachahmung freigegeben wird. Folglich verfolgen viele
Augen aus der Republik und dem Rest der Welt, was passiert vor den
Toren von Hof. Seit der Inbetriebnahme des ersten Abschnitts im
vergangenen August haben unter anderem Experten aus Angola, Mosambik
und China die Anlage begutachtet und bestaunt.
Überproduktion bei Landwirten
Bei all dieser Aufmerksamkeit vermisst Raban Woryna allerdings
eines: die Reaktionen seiner Nachbarn. "Viele Anwohner und Firmen
hatten vor dem Bau Bedenken angemeldet - doch kaum einer hat sich
spä-
ter gemeldet, als er merkte, dass es so gut wie keine Belästigungen
gibt." Geruchs- und Verkehrsbelästigung nämlich seien ebenso
ausgeblieben wie Baum-Rodungen und Fliegenschwärme über der Stadt,
sagt er.
So soll es auch nach dem zweiten Bauabschnitt genauso schnell
weitergehen im Regnitztal: Mit der gesetzlich vorgeschriebenen
Mindest-Verzögerung von zwölf Monaten wollen die Betreiber im
nächsten Jahr Bauabschnitt drei angehen. 13 Millionen Euro sollen
zum Schluss investiert sein. Und das muss, glaubt man Raban Woryna,
noch lange nicht das Ende sein: "Wir nutzen den Standort Hof
bewusst, um uns in der Region auch nach neuen Möglichkeiten
umzusehen." Die Wege Worynas sind dabei recht unkonventionell: Er
sucht beispielsweise Betriebe, die im großen Stil Kartoffelschalen
loswerden müssen - um mit ihnen ein weiteres Kapitel in der
Geschichte des grünen Gases in Hof zu beginnen. |