Von Jan Fischer
Hof –
Schwarzer Anzug, schwarze Krawatte: Man könnte annehmen, Leonhard
Wiedemann geht zu einer Trauerfeier. Doch der Apotheker besucht die
Stadtratssitzung am Freitagnachmittag. Als Sprecher der Anwohner der
oberen Bismarckstraße hat er eine kleine Demonstration mit
Seltenheitswert ins Leben gerufen, die ihr Ziel nicht verfehlt: Sie
erregt jede Menge Aufmerksamkeit. Auf einem Transparent stehen die
Namen der Straßen, die vom Buskonzept betroffen sind –
Bismarckstraße, Marienstraße und Luitpoldstraße. Ein anderer
Schriftzug fährt schwere Geschütze auf: „Todesstoß für
Bürgerrechte“, heißt es da. Anwohner wollen schwarze Kreuze im
großen Sitzungssaal des Rathauses anbringen – dies wird ihnen jedoch
untersagt.
Die Zuschauerreihen sind dicht besetzt. Die
Sitzplätze reichen für die Bürger nicht aus. Die konkreten Details
der Reform des Busfahrplans, die auf der Tagesordnung stehen, stoßen
offensichtlich auf riesiges Interesse.
Zunächst geht es um den Eilantrag der
FAB-Fraktion, die eine Probephase von einem halben Jahr gefordert
hat. Der Antrag wird gegen die Stimmen der FAB-Räte zurückgewiesen.
Die Debatte ist bereits jetzt hitzig.
Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner an die Adresse der FAB: „Für
den, der ständig schläft, wird alles eilig, wenn er aufwacht.“
Fichtner wirft den FAB-Vertretern vor, an wichtigen Besprechungen
und Sitzungen nicht teilzunehmen. „Sie müssen Ihr Amt ernst nehmen.“
Joachim Dumann, Fraktionschef der FAB, weist die Anschuldigen
zurück. Viele seiner Kollegen seien beruflich stark eingespannt.
In der Diskussion begrüßen die Sprecher über
Partei- und Gruppierungsgrenzen hinweg das Buskonzept. Den
Demonstranten schreibt SPD-Rat Rainer Kellner ins Stammbuch: „Für
die Anwohner der Bismarckstraße ändert sich gar nichts.“ Es würden
falsche Behauptungen aufgestellt, die den Stadtrat in ein schlechtes
Licht rückten.
Zwischenzeitlich droht Joachim Dumann damit,
dass seine Fraktion das Konzept ablehnen werde. Letztlich kommt der
Stadtrat überein, dass in den Beschluss ein Passus aufgenommen wird,
der eine Probephase – allerdings ohne zeitliche Beschränkung –
vorsieht. Eine „ständige Beobachtung“ der Gegebenheiten in der Stadt
sei ohnehin Aufgabe jedes Stadtrats und jedes Mitarbeiters in der
Verwaltung, betont der OB. Nach rund 90-minütiger Beratung mit
mehreren Kontroversen und Spitzen gibt es einstimmig grünes Licht
für die Neuordnung des ÖPNV.
Dauerthema
Die Forderung nach einer busfreien Altstadt ist so alt wie die
Fußgängerzone selbst: Seit den achtziger Jahren werden immer wieder
Stimmen laut, den Busverkehr aus der Einkaufsmeile zu verbannen. Am
17. März 2006 beschließt der Stadtrat eine Probephase, jeweils
zwischen April und Oktober. Als ein Impulsprojekt wird dann das
Konzept zum Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) in Angriff
genommen. Am 13. Juni 2008 gibt es den Grundsatzbeschluss dazu. Am
13. Oktober 2008 dreht sich eine Bürgerversammlung allein um das
Thema ÖPNV. |