Frau Siniawa, wie viele Kinder
und Jugendliche leben in der Stadt?
Carmen Siniawa:
Etwa 7000 (genaue Aufschlüsselung siehe Kasten, Anm. d. Red.). Die
Geburtenzahlen sind leicht rückläufig. Allerdings, das sehen wir aus
der Betreuungsstatistik, melden sich mehr Kinder für die Kitas an,
als tatsächlich hier geboren werden. Das heißt, es ziehen auch
Familien nach Hof - bei den Null- bis Dreijährigen beispielsweise
haben wir etwa 80 bis 100 Kinder mehr.
Eberhard Siller:
Da passen die Zahlen mit unseren Erfahrungen zusammen. Das Beispiel
Landesamt für Umwelt hat gezeigt, dass sich Familien, die hierher
ziehen, vorher genau nach dem Umfeld erkundigen. Ich glaube, wir
können ihnen auf die meisten Fragen gute Antworten geben.
Stichwort Kinderbetreuung: Die Stadt selbst
betreibt keine Kitas - wie viele Träger sind in Hof aktiv?
Klaus Wulf: 21
Träger betreiben die 26 Kindertagesstätten im Stadtgebiet. Dazu
kommen weit über 100 Träger, die im Sport- und Jugendbereich aktiv
sind. Wir haben hier eine riesige Angebotsvielfalt, sowohl im
ehrenamtlichen als auch im professionellen Bereich.
Carmen Siniawa: In
vielen anderen Städten und Gemeinden können Eltern nur zwischen
katholischem und evangelischem Kindergarten wählen - wenn überhaupt.
Wir haben, neben den Kirchen, noch viele andere Träger, von der AWO
bis zum Waldorfkindergarten.
Bezahlen müssen diese Angebote nicht allein
die Eltern - was schießen Stadt und Staat zu?
Eberhard Siller:
Für die Förderung von Kindertagesstätten und die Übernahme der
Beiträge von Eltern, die sich keinen Platz leisten können, bringt
die Stadt jährlich 3,6 Millionen Euro auf. Etwa 700 000 Euro davon
sind besagte Elternbeiträge. Die haben in den vergangenen Jahren
stark zugenommen: Mittlerweile bezahlen wir auch das Mittagessen für
355 Kinder in den Tagesstätten. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 hat sich
die Gesamtförderung noch auf 2,3 Millionen Euro belaufen. Der
Anstieg liegt einerseits daran, dass Krippenplätze einfach teurer
als Kindergartenplätze sind, zum anderen aber auch an der steigenden
Anzahl bedürftiger Kinder. Dazu kommen städtische Zuschüsse für die
insgesamt 31 Ganztagesgruppen in Höhe von jährlich 140 000 Euro und
die Übernahme des Mittagessens für bedürftige Kinder in Horten und
Ganztagesklassen - das macht zusätzlich 120 000 Euro aus. Der
Freistaat Bayern bezahlt noch einmal 2,8 Millionen Euro pro Jahr für
die Kita-Förderung. Nicht eingerechnet sind hier noch die baulichen
Vorhaben: Die Kitas haben hier seit vergangenem Jahr ein Recht auf
gewisse städtische Zuzahlungen.
Weg von den Trägern, hin zu den Menschen: Gibt
es die typische Hofer Familie?
Eberhard Siller:
Statistiken führen wir nicht. Wohl aber kann man sagen, dass die
Ein-Kind-Familien mehr werden, und dass sie dann auch nach
umfangreicher Betreuung suchen - Kinder lernen soziale Kompetenzen
eben leichter, wenn sie mit anderen Kindern in Kontakt kommen.
Klaus Wulf: Wir
haben auch immer mehr Alleinerziehende in der Stadt. Dadurch wird
das klassische Familienbild vielfältiger. Das macht ein breites
Angebot noch wichtiger, um die Familien in ihren Bedürfnissen zu
unterstützen.
Kollidiert hier der Wunsch nach früher
Förderung mit den Vorteilen familiärer Erziehung zu Hause?
Camen Siniawa: Wer
Großeltern hat, die nicht mehr arbeiten und Zeit fürs Kind haben,
lässt seine Kinder auch lange zu Hause. Das ist aber eben nicht
immer möglich, dann erübrigt sich die Frage. Tatsache ist, dass die
Kinder immer früher in die Kitas gehen - vor einigen Jahren
noch kam man zum Beispiel auch erst im Alter von vier Jahren in den
Kindergarten, heute passiert da vieles früher. Viele allein
erziehende und gut ausgebildete Mütter möchten auch nach der Geburt
so schnell wie möglich wieder in den Beruf zurück, lange
Elternzeiten können sich die meisten nicht leisten.
Bei den Krippen decken Träger und Tagesmütter
in Hof 32 Prozent des Bedarfs, im bundesweiten Schnitt ist das
spitze. Decken sich hier auch Angebot und Nachfrage?
Carmen Siniawa: Im
Moment sind fast alle Plätze belegt, es deckt sich also. Ich schätze
aber, dass die Nachfrage in den kommenden Jahren weiter steigen
wird.
Eberhard Siller:
Wir haben das Bundesziel für 2013, 30 Prozent zu decken, schon jetzt
überschritten. Trotzdem sehen wir uns nach weiteren Trägern um, wenn
der Bedarf ansteigt. Nur an einer Stelle bremsen wir derzeit: bei
der Umwidmung von Kindergarten- in Krippenplätze. Dort laufen wir
sonst Gefahr, zu wenig bieten zu können.
Auch die Schullandschaft ändert sich:
Ganztagesklassen spielen eine immer stärkere Rolle. . .
Klaus Wulf: Wir
spüren auch hier, dass die Nachfrage stark zunimmt. Und zwar nicht
nur, weil die Eltern berufstätig sind, sondern auch aus
Bildungsgründen: Viele Eltern merken, dass sie beim gemeinsamen
Lernen zu Hause nicht so viel leisten können wie die Fachkräfte in
den Schulen.
Eberhard Siller:
Mittlerweile gibt es, neben den traditionellen Horten, 31 offene und
gebundene Ganztagesklassen und -gruppen in Hof. Die Schulen und die
einzelnen Träger arbeiten hier sehr gut zusammen.
Wie sehr kann die Stadt diese Gemeinschaften
steuern?
Eberhard Siller:
Wir suchen Partner für die Schulen und vor allem eine passende
Förderung. Die Initiative geht hier sehr oft von den Schulen aus.
Wir versuchen dann, Chancen und Möglichkeiten auszuloten.
Offene und gebundene Klassen und Gruppen,
Horte und Kitas - die Vielfalt der Angebote macht eine gezielte
Information der Eltern unerlässlich. Wie kann man sich schlau
machen, was gut für sein Kind ist?
Carmen Siniawa:
Zunächst einmal bieten die Schulen regelmäßig Info-Abende an.
Zumeist sind dann auch alle Träger anwesend, die im Haus aktiv sind
- die können dann erklären, welche Angebote, Öffnungszeiten und
dergleichen sie haben. Auch wir von der Stadt bekommen viele
Anfragen, auch von außerhalb. Familien, die nach Hof ziehen,
bekommen hier Unterstützung und Beratung bei der Suche nach
Betreuung.
Welche Rolle spielen die vielen Elternbeiräte
und Fördervereine für die Hofer Schullandschaft?
Eberhard Siller:
Eine sehr wichtige. Sie haben ihre klassischen Ziele - die Förderung
der guten Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrern, das Streichen
des Klassenzimmers oder das Organisieren des Schulfestes - noch
erweitert. Die Eltern kümmern sich oft mit um die Einrichtung von
Ganztagesklassen und darum, das allgemeine Schulklima zu verbessern.
Klaus Wulf: Ein
schönes Beispiel ist hier der Förderverein der Münsterschule: Er hat
die neue Schülerbetreuung finanziell mit unterstützt, die wir ohne
den Verein wohl gar nicht hätten anbieten können.
Eberhard Siller:
In Hof sind sehr viele Ehrenamtliche aktiv, wir haben auch viele
Spender und Stiftungen, die bei Geldgeschenken den "Verwendungszweck
Jugend" angeben.
Nach der Schulzeit steht für die Jugendlichen
die Jobsuche auf dem Programm: Welche Hilfestellungen kann die Stadt
hier bieten?
Eberhard Siller:
Wir haben dafür verschiedene Angebote. Eines davon war in den
vergangenen drei Jahren die Mobile Jugendberufshilfe, ein
Modellprojekt, das von Oberfranken- und Sparkassen-Stiftung
gefördert wurde, und nun leider ausgelaufen ist. Zudem bieten wir
beispielsweise an allen drei Hofer Hauptschulen
Jugend-Sozialarbeiter. Wir hoffen aber, dass hier die Schulen noch
aktiver werden, was Kenntnisse außerhalb des Lehrplans betrifft.
Klaus Wulf: In Hof
besteht nach wie vor eine Diskrepanz zwischen Schulabgängern und
freien Lehrstellen. Es passiert viel im Bereich der Berufshilfe, bei
der Überbrückung ziehen ebenfalls viele Beteiligte an einem Strang.
Und: Zwei Drittel aller Jugendlichen aus unserer Maßnahme "Arbeiten
und Lernen" bringen wir letztlich im Ersten Arbeitsmarkt unter.
Wo ziehen Sie die Grenze zwischen
Beratung/Betreuung und einer gewissen Bevormundung zum Wohle der
Jugendlichen?
Klaus Wulf: In der
städtischen Jugendwerkstatt beispielsweise arbeiten sonst schwer
vermittelbare Jugendliche. Wir geben ihnen gewisse Hilfestellungen
an die Hand, aber wir erkennen sie als selbstständige Wesen an. Sie
sollen lernen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen,
Eigenverantwortung und Pflichtbewusstsein zu entwickeln.
Eberhard Siller:
Die meisten sind auch sehr bemüht, doch wer sich strikt verweigert,
bei dem greifen wir hart durch. Der bekommt eben keine Hilfe mehr.
Zurück zur Familie im Gesamten: Welche
allgemeine Linie fährt die Stadt Hof hier?
Klaus Wulf: Wir
verstehen uns als Dienstleister. Wir möchten die Trägervielfalt hoch
halten, und wir merken, dass hier viele Helfer an einem Strang
ziehen - das sieht man beispielsweise an den vielen Beteiligten an
unseren Ferienprogrammen.
Eberhard Siller:
Familienfreundlichkeit fördert die Lebensqualität und ist ein immer
wichtiger werdender Standortfaktor. Danach handeln wir auch. Das
betrifft auch Fragen der Freizeitgestaltung, wo Hof Kindern und
Jugendlichen viel zu bieten hat. Ich denke, wir sind auf allen
Gebieten für die Familien und Kinder gut aufgestellt, vom Wohnumfeld
mit vielen attraktiven Spielplätzen, der Kinderbetreuung und den
Schulen bis zu den Hochschulen. Wir sind aber bemüht, unsere Arbeit
noch zu verbessern. Vor allem müssen wir unsere Erfolge mehr nach
außen tragen. Denn auch, wenn viele über die aktuelle Situation der
Stadt schimpfen: Seit ich 1978 in den Stadtrat gewählt wurde, hat
die Stadt noch nie so viel für ihre Schulen ausgegeben wie jetzt:
Wir verbauen gerade 30 Millionen Euro für die Bildungseinrichtungen
in der Stadt. So gute Bedingungen zum Lernen wie in naher Zukunft
gab es für Hofer Kinder noch nie.
Das Gespräch führte Christoph Plass
Kinder und Jugendliche in der Stadt
Die Stadt Hof kümmert sich um ihre jüngsten Einwohner - aber wer
sind die jungen Hofer eigentlich? Der Fachbereich Jugend und
Soziales liefert Zahlen und Fakten: Genau 977 Kinder im Alter
zwischen null und drei Jahren leben in der Stadt; 1031 Kinder sind
zwischen drei und sechs Jahren alt, 3223 Kinder zwischen sechs und
14 Jahre, dazu kommen 1769 Jugendliche im Alter von 14 bis 18
Jahren.
Die Geburtenzahlen sind in den vergangenen Jahren leicht
rückläufig, haben sich aber auf einem gleichbleibenden Niveau
eingependelt. Hier einige Zahlen aus der städtischen Statistik: Im
Jahr 1988 gab es 492 Geburten in der Stadt, im Jahr 1998 (einem der
geburtenstärksten) waren es 519, im Jahr 2008 erblickten noch 346
junge Hofer das Licht der Welt.
"Familienfreundlich" nennt sich die Stadt, da sie ihren jungen
Einwohnern auch etwas anbieten kann - das fängt mit vielfältigen
Betreuungsmöglichkeiten an. Insgesamt 21 Träger betreiben die 26
Kindertagesstätten im Stadtgebiet. Sie bieten für 32 Prozent der
Kinder des entsprechenden Alters einen Krippenplatz an (Tagesmütter
mit eingerechnet); auf diesem Sektor hat sich in Hof viel getan - im
Jahr 2006 waren erst 14 Prozent des Bedarfs gedeckt. Bei den
Kindergartenplätzen decken die Einrichtungen 90 bis 100 Prozent der
Nachfrage - je nach berechneter Verweildauer. Zwölf Kitas bieten
Krippenplätze, 19 haben Raum für Kindergartenkinder, neun
Einrichtungen sind Horte, drei von ihnen haben auch integrative
Plätze für behinderte Kinder. Dazu kommt in verstärktem Maße die
Betreuung von Schulkindern an den Nachmittagen: 40 Prozent der
Schüler bis 14 Jahre haben einen Platz in einer offenen oder
gebundenen Ganztagesklasse oder -gruppe oder in einer
Kindertagesstätte (im Jahr 2006 lag die Deckung bei nur 20 Prozent).
31 offene oder gebundene Ganztagesklassen und -gruppen arbeiten
mittlerweile in der Saalestadt.
Interview
mit Eberhard Siller, Carmen Siniawa und Klaus Wulf |