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Erschienen in der Frankenpost am 29.12.2009 

Spaß im Schnee: 37 Spielplätze gibt es in der Stadt, dazu Bolz- und Streetball-Felder, genügend Hänge zum Schlittenfahren und - für ganz ungemütliches Wetter - Freizeitspaß von Hallenbad bis Kino. Da kann sich eigentlich kein Kind langweilen. . . Foto: dpa

"Wir versuchen, jede Chance auszuloten"

 
Frau Siniawa, wie viele Kinder und Jugendliche leben in der Stadt?

Carmen Siniawa: Etwa 7000 (genaue Aufschlüsselung siehe Kasten, Anm. d. Red.). Die Geburtenzahlen sind leicht rückläufig. Allerdings, das sehen wir aus der Betreuungsstatistik, melden sich mehr Kinder für die Kitas an, als tatsächlich hier geboren werden. Das heißt, es ziehen auch Familien nach Hof - bei den Null- bis Dreijährigen beispielsweise haben wir etwa 80 bis 100 Kinder mehr.

Eberhard Siller: Da passen die Zahlen mit unseren Erfahrungen zusammen. Das Beispiel Landesamt für Umwelt hat gezeigt, dass sich Familien, die hierher ziehen, vorher genau nach dem Umfeld erkundigen. Ich glaube, wir können ihnen auf die meisten Fragen gute Antworten geben.

Stichwort Kinderbetreuung: Die Stadt selbst betreibt keine Kitas - wie viele Träger sind in Hof aktiv?

Klaus Wulf: 21 Träger betreiben die 26 Kindertagesstätten im Stadtgebiet. Dazu kommen weit über 100 Träger, die im Sport- und Jugendbereich aktiv sind. Wir haben hier eine riesige Angebotsvielfalt, sowohl im ehrenamtlichen als auch im professionellen Bereich.

Carmen Siniawa: In vielen anderen Städten und Gemeinden können Eltern nur zwischen katholischem und evangelischem Kindergarten wählen - wenn überhaupt. Wir haben, neben den Kirchen, noch viele andere Träger, von der AWO bis zum Waldorfkindergarten.

Bezahlen müssen diese Angebote nicht allein die Eltern - was schießen Stadt und Staat zu?

Eberhard Siller: Für die Förderung von Kindertagesstätten und die Übernahme der Beiträge von Eltern, die sich keinen Platz leisten können, bringt die Stadt jährlich 3,6 Millionen Euro auf. Etwa 700 000 Euro davon sind besagte Elternbeiträge. Die haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen: Mittlerweile bezahlen wir auch das Mittagessen für 355 Kinder in den Tagesstätten. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 hat sich die Gesamtförderung noch auf 2,3 Millionen Euro belaufen. Der Anstieg liegt einerseits daran, dass Krippenplätze einfach teurer als Kindergartenplätze sind, zum anderen aber auch an der steigenden Anzahl bedürftiger Kinder. Dazu kommen städtische Zuschüsse für die insgesamt 31 Ganztagesgruppen in Höhe von jährlich 140 000 Euro und die Übernahme des Mittagessens für bedürftige Kinder in Horten und Ganztagesklassen - das macht zusätzlich 120 000 Euro aus. Der Freistaat Bayern bezahlt noch einmal 2,8 Millionen Euro pro Jahr für die Kita-Förderung. Nicht eingerechnet sind hier noch die baulichen Vorhaben: Die Kitas haben hier seit vergangenem Jahr ein Recht auf gewisse städtische Zuzahlungen.

Weg von den Trägern, hin zu den Menschen: Gibt es die typische Hofer Familie?

Eberhard Siller: Statistiken führen wir nicht. Wohl aber kann man sagen, dass die Ein-Kind-Familien mehr werden, und dass sie dann auch nach umfangreicher Betreuung suchen - Kinder lernen soziale Kompetenzen eben leichter, wenn sie mit anderen Kindern in Kontakt kommen.

Klaus Wulf: Wir haben auch immer mehr Alleinerziehende in der Stadt. Dadurch wird das klassische Familienbild vielfältiger. Das macht ein breites Angebot noch wichtiger, um die Familien in ihren Bedürfnissen zu unterstützen.

Kollidiert hier der Wunsch nach früher Förderung mit den Vorteilen familiärer Erziehung zu Hause?

Camen Siniawa: Wer Großeltern hat, die nicht mehr arbeiten und Zeit fürs Kind haben, lässt seine Kinder auch lange zu Hause. Das ist aber eben nicht immer möglich, dann erübrigt sich die Frage. Tatsache ist, dass die Kinder immer früher in die Kitas gehen - vor einigen Jahren noch kam man zum Beispiel auch erst im Alter von vier Jahren in den Kindergarten, heute passiert da vieles früher. Viele allein erziehende und gut ausgebildete Mütter möchten auch nach der Geburt so schnell wie möglich wieder in den Beruf zurück, lange Elternzeiten können sich die meisten nicht leisten.

Bei den Krippen decken Träger und Tagesmütter in Hof 32 Prozent des Bedarfs, im bundesweiten Schnitt ist das spitze. Decken sich hier auch Angebot und Nachfrage?

Carmen Siniawa: Im Moment sind fast alle Plätze belegt, es deckt sich also. Ich schätze aber, dass die Nachfrage in den kommenden Jahren weiter steigen wird.

Eberhard Siller: Wir haben das Bundesziel für 2013, 30 Prozent zu decken, schon jetzt überschritten. Trotzdem sehen wir uns nach weiteren Trägern um, wenn der Bedarf ansteigt. Nur an einer Stelle bremsen wir derzeit: bei der Umwidmung von Kindergarten- in Krippenplätze. Dort laufen wir sonst Gefahr, zu wenig bieten zu können.

Auch die Schullandschaft ändert sich: Ganztagesklassen spielen eine immer stärkere Rolle. . .

Klaus Wulf: Wir spüren auch hier, dass die Nachfrage stark zunimmt. Und zwar nicht nur, weil die Eltern berufstätig sind, sondern auch aus Bildungsgründen: Viele Eltern merken, dass sie beim gemeinsamen Lernen zu Hause nicht so viel leisten können wie die Fachkräfte in den Schulen.

Eberhard Siller: Mittlerweile gibt es, neben den traditionellen Horten, 31 offene und gebundene Ganztagesklassen und -gruppen in Hof. Die Schulen und die einzelnen Träger arbeiten hier sehr gut zusammen.

Wie sehr kann die Stadt diese Gemeinschaften steuern?

Eberhard Siller: Wir suchen Partner für die Schulen und vor allem eine passende Förderung. Die Initiative geht hier sehr oft von den Schulen aus. Wir versuchen dann, Chancen und Möglichkeiten auszuloten.

Offene und gebundene Klassen und Gruppen, Horte und Kitas - die Vielfalt der Angebote macht eine gezielte Information der Eltern unerlässlich. Wie kann man sich schlau machen, was gut für sein Kind ist?

Carmen Siniawa: Zunächst einmal bieten die Schulen regelmäßig Info-Abende an. Zumeist sind dann auch alle Träger anwesend, die im Haus aktiv sind - die können dann erklären, welche Angebote, Öffnungszeiten und dergleichen sie haben. Auch wir von der Stadt bekommen viele Anfragen, auch von außerhalb. Familien, die nach Hof ziehen, bekommen hier Unterstützung und Beratung bei der Suche nach Betreuung.

Welche Rolle spielen die vielen Elternbeiräte und Fördervereine für die Hofer Schullandschaft?

Eberhard Siller: Eine sehr wichtige. Sie haben ihre klassischen Ziele - die Förderung der guten Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrern, das Streichen des Klassenzimmers oder das Organisieren des Schulfestes - noch erweitert. Die Eltern kümmern sich oft mit um die Einrichtung von Ganztagesklassen und darum, das allgemeine Schulklima zu verbessern.

Klaus Wulf: Ein schönes Beispiel ist hier der Förderverein der Münsterschule: Er hat die neue Schülerbetreuung finanziell mit unterstützt, die wir ohne den Verein wohl gar nicht hätten anbieten können.

Eberhard Siller: In Hof sind sehr viele Ehrenamtliche aktiv, wir haben auch viele Spender und Stiftungen, die bei Geldgeschenken den "Verwendungszweck Jugend" angeben.

Nach der Schulzeit steht für die Jugendlichen die Jobsuche auf dem Programm: Welche Hilfestellungen kann die Stadt hier bieten?

Eberhard Siller: Wir haben dafür verschiedene Angebote. Eines davon war in den vergangenen drei Jahren die Mobile Jugendberufshilfe, ein Modellprojekt, das von Oberfranken- und Sparkassen-Stiftung gefördert wurde, und nun leider ausgelaufen ist. Zudem bieten wir beispielsweise an allen drei Hofer Hauptschulen Jugend-Sozialarbeiter. Wir hoffen aber, dass hier die Schulen noch aktiver werden, was Kenntnisse außerhalb des Lehrplans betrifft.

Klaus Wulf: In Hof besteht nach wie vor eine Diskrepanz zwischen Schulabgängern und freien Lehrstellen. Es passiert viel im Bereich der Berufshilfe, bei der Überbrückung ziehen ebenfalls viele Beteiligte an einem Strang. Und: Zwei Drittel aller Jugendlichen aus unserer Maßnahme "Arbeiten und Lernen" bringen wir letztlich im Ersten Arbeitsmarkt unter.

Wo ziehen Sie die Grenze zwischen Beratung/Betreuung und einer gewissen Bevormundung zum Wohle der Jugendlichen?

Klaus Wulf: In der städtischen Jugendwerkstatt beispielsweise arbeiten sonst schwer vermittelbare Jugendliche. Wir geben ihnen gewisse Hilfestellungen an die Hand, aber wir erkennen sie als selbstständige Wesen an. Sie sollen lernen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, Eigenverantwortung und Pflichtbewusstsein zu entwickeln.

Eberhard Siller: Die meisten sind auch sehr bemüht, doch wer sich strikt verweigert, bei dem greifen wir hart durch. Der bekommt eben keine Hilfe mehr.

Zurück zur Familie im Gesamten: Welche allgemeine Linie fährt die Stadt Hof hier?

Klaus Wulf: Wir verstehen uns als Dienstleister. Wir möchten die Trägervielfalt hoch halten, und wir merken, dass hier viele Helfer an einem Strang ziehen - das sieht man beispielsweise an den vielen Beteiligten an unseren Ferienprogrammen.

Eberhard Siller: Familienfreundlichkeit fördert die Lebensqualität und ist ein immer wichtiger werdender Standortfaktor. Danach handeln wir auch. Das betrifft auch Fragen der Freizeitgestaltung, wo Hof Kindern und Jugendlichen viel zu bieten hat. Ich denke, wir sind auf allen Gebieten für die Familien und Kinder gut aufgestellt, vom Wohnumfeld mit vielen attraktiven Spielplätzen, der Kinderbetreuung und den Schulen bis zu den Hochschulen. Wir sind aber bemüht, unsere Arbeit noch zu verbessern. Vor allem müssen wir unsere Erfolge mehr nach außen tragen. Denn auch, wenn viele über die aktuelle Situation der Stadt schimpfen: Seit ich 1978 in den Stadtrat gewählt wurde, hat die Stadt noch nie so viel für ihre Schulen ausgegeben wie jetzt: Wir verbauen gerade 30 Millionen Euro für die Bildungseinrichtungen in der Stadt. So gute Bedingungen zum Lernen wie in naher Zukunft gab es für Hofer Kinder noch nie.

Das Gespräch führte Christoph Plass

Kinder und Jugendliche in der Stadt
 

Die Stadt Hof kümmert sich um ihre jüngsten Einwohner - aber wer sind die jungen Hofer eigentlich? Der Fachbereich Jugend und Soziales liefert Zahlen und Fakten: Genau 977 Kinder im Alter zwischen null und drei Jahren leben in der Stadt; 1031 Kinder sind zwischen drei und sechs Jahren alt, 3223 Kinder zwischen sechs und 14 Jahre, dazu kommen 1769 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren.

Die Geburtenzahlen sind in den vergangenen Jahren leicht rückläufig, haben sich aber auf einem gleichbleibenden Niveau eingependelt. Hier einige Zahlen aus der städtischen Statistik: Im Jahr 1988 gab es 492 Geburten in der Stadt, im Jahr 1998 (einem der geburtenstärksten) waren es 519, im Jahr 2008 erblickten noch 346 junge Hofer das Licht der Welt.

"Familienfreundlich" nennt sich die Stadt, da sie ihren jungen Einwohnern auch etwas anbieten kann - das fängt mit vielfältigen Betreuungsmöglichkeiten an. Insgesamt 21 Träger betreiben die 26 Kindertagesstätten im Stadtgebiet. Sie bieten für 32 Prozent der Kinder des entsprechenden Alters einen Krippenplatz an (Tagesmütter mit eingerechnet); auf diesem Sektor hat sich in Hof viel getan - im Jahr 2006 waren erst 14 Prozent des Bedarfs gedeckt. Bei den Kindergartenplätzen decken die Einrichtungen 90 bis 100 Prozent der Nachfrage - je nach berechneter Verweildauer. Zwölf Kitas bieten Krippenplätze, 19 haben Raum für Kindergartenkinder, neun Einrichtungen sind Horte, drei von ihnen haben auch integrative Plätze für behinderte Kinder. Dazu kommt in verstärktem Maße die Betreuung von Schulkindern an den Nachmittagen: 40 Prozent der Schüler bis 14 Jahre haben einen Platz in einer offenen oder gebundenen Ganztagesklasse oder -gruppe oder in einer Kindertagesstätte (im Jahr 2006 lag die Deckung bei nur 20 Prozent). 31 offene oder gebundene Ganztagesklassen und -gruppen arbeiten mittlerweile in der Saalestadt.

Interview
 

mit Eberhard Siller, Carmen Siniawa und Klaus Wulf

 

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