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Erschienen in der Frankenpost am 06.11.2009 

Noch freut sich Hof über Kundenströme. Doch Experten sehen dieses Bild durch das Selber FOC gefährdet. Foto: E. S.
 

Bedrohung durch die schiere Größe

 
Von Rainer Schmidt

Hof - Die geplante immense Erweiterung des Selber Factory-Outlet-Centers (FOC) gefährdet die Hofer Geschäftswelt. Das sagt zumindest Ernst-Dieter Rochon, der Vorsitzende des Hofer Einzelhandelsverbands. "Ich bin der Meinung, 8000 Quadratmeter sind groß genug, um Selb als Factory-Outlet-Standort auszuweisen. 50 Prozent mehr wären eine Bedrohung." Und zwar auch für Hof.

Das Argument, dass ein derartiges Zentrum auch eine ganze Region beleben könne, lässt Rochon nicht gelten: "Das war noch nirgends der Fall, wo ein FOC entstand. Überall hat der Einzelhandel Umsatz verloren - und die Vielfalt der Geschäfte ist in den betroffenen Städten zurückgegangen." Und drumherum. Ein Radius von bis zu 100 Kilometern gilt als Einzugsbereich des Zentrums - "da kann man sich leicht ausrechnen, wer betroffen ist", findet Rochon.

Und noch eine weitere Rechnung ist möglich: Im Jahr 1992 hätten in Hof 2,4 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Einwohner zur Verfügung gestanden - heute sind es 3,9. Konkret bedeutet dies, dass immer weniger Einwohner sich auf immer mehr, immer größere Geschäfte verteilen - eine Entwicklung, die auf Dauer Gefahren birgt. Zum Vergleich: Der aktuelle Bundesdurchschnitt liege bei 2,2 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Einwohner, sagt Rochon. Und diese Zahlen beziehe sicherlich ein Filialist in seine Überlegungen mit ein, wenn es beispielsweise darum gehe, einen Mietvertrag in Hof zu verlängern.

Ein Zehntel der Fläche

Das Outlet-Center in Selb soll von derzeit 8000 Quadratmetern auf rund 12 000 anwachsen - fast ein Zehntel der 186 000 Quadratmeter Verkaufsfläche aller Läden in Hof zusammen. "Diese Erweiterung wird den Preis haben, dass der Kunde in Hof weniger Auswahl haben wird", befürchtet Rochon.

Denn dass Hof von etwaigen Kundenströmen nach Selb profitieren könnte, hält der Einzelhandelssprecher für ein "Märchen". "Natürlich glaubt ein FOC-Manager, dass Kunden, die nichts finden, dann in die innerstädtischen Fachgeschäfte gehen." Doch die Center-Kunden unterschieden sich deutlich von den Einkäufern in den Städten: "Wer in ein FOC geht, will Rabatte. Da geht er nicht hinterher weiter und kauft sich die neue Kollektion in einer Boutique", erklärt Rochon. Er habe zwar nichts dagegen, wenn die Nachbarstadt ihre Attraktivität steigere - doch die "schiere Größe des geplanten FOC" mache ihm Sorgen.

Die Innenstädte schützen

Professor Dr. Jürgen Lehmann, FH-Präsident und stellvertretender Vorsitzender des Hofer Stadtmarketingvereins, bedauert lediglich, "dass im Vorfeld nicht miteinander gesprochen wurde". Anstatt jetzt gegen Entwicklungen am Markt anzukämpfen, die sich ohnehin nicht verhindern ließen, müsse man Lösungen finden, um die Innenstädte zu schützen. "Wir müssen überlegen, welche Vorzüge wir gegenüber den fabrikähnlichen Verkaufshallen haben", sagt Lehmann - zum Beispiel "individuelle Beratung und hochpreisige Lage".

Als Befürworter des vor Jahren geplanten FOC in Selbitz habe er auch nichts gegen das Projekt in Selb. "Damals in Selbitz hätte man allerdings das Kundenpotenzial von der A 9 abschöpfen können." In Selb kämen die Kunden dann wohl doch eher aus Hochfranken.

 

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