Von Rainer Schmidt
Hof - Die geplante
immense Erweiterung des Selber Factory-Outlet-Centers (FOC)
gefährdet die Hofer Geschäftswelt. Das sagt zumindest Ernst-Dieter
Rochon, der Vorsitzende des Hofer Einzelhandelsverbands. "Ich bin
der Meinung, 8000 Quadratmeter sind groß genug, um Selb als
Factory-Outlet-Standort auszuweisen. 50 Prozent mehr wären eine
Bedrohung." Und zwar auch für Hof.
Das Argument, dass ein derartiges Zentrum auch eine ganze Region
beleben könne, lässt Rochon nicht gelten: "Das war noch nirgends der
Fall, wo ein FOC entstand. Überall hat der
Einzelhandel Umsatz verloren - und die Vielfalt der Geschäfte ist in
den betroffenen Städten zurückgegangen." Und drumherum. Ein Radius
von bis zu 100 Kilometern gilt als Einzugsbereich des Zentrums - "da
kann man sich leicht ausrechnen, wer betroffen ist", findet Rochon.
Und noch eine weitere Rechnung ist möglich: Im
Jahr 1992 hätten in Hof 2,4 Quadratmeter Verkaufsfläche pro
Einwohner zur Verfügung gestanden - heute sind es 3,9. Konkret
bedeutet dies, dass immer weniger Einwohner sich auf immer mehr,
immer größere Geschäfte verteilen - eine Entwicklung, die auf Dauer
Gefahren birgt. Zum Vergleich: Der aktuelle Bundesdurchschnitt liege
bei 2,2 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Einwohner, sagt Rochon. Und
diese Zahlen beziehe sicherlich ein Filialist in seine Überlegungen
mit ein, wenn es beispielsweise darum gehe, einen Mietvertrag in Hof
zu verlängern.
Ein Zehntel der Fläche
Das Outlet-Center in Selb soll von derzeit
8000 Quadratmetern auf rund 12 000 anwachsen - fast ein Zehntel der
186 000 Quadratmeter Verkaufsfläche aller Läden in Hof zusammen.
"Diese Erweiterung wird den Preis haben, dass der Kunde in Hof
weniger Auswahl haben wird", befürchtet Rochon.
Denn dass Hof von etwaigen Kundenströmen nach
Selb profitieren könnte, hält der Einzelhandelssprecher für ein
"Märchen". "Natürlich glaubt ein FOC-Manager, dass Kunden, die
nichts finden, dann in die innerstädtischen Fachgeschäfte gehen."
Doch die Center-Kunden unterschieden sich deutlich von den
Einkäufern in den Städten: "Wer in ein FOC geht, will Rabatte. Da
geht er nicht hinterher weiter und kauft sich die neue Kollektion in
einer Boutique", erklärt Rochon. Er habe zwar nichts dagegen, wenn
die Nachbarstadt ihre Attraktivität steigere - doch die "schiere
Größe des geplanten FOC" mache ihm Sorgen.
Die Innenstädte schützen
Professor Dr. Jürgen Lehmann, FH-Präsident und
stellvertretender Vorsitzender des Hofer Stadtmarketingvereins,
bedauert lediglich, "dass im Vorfeld nicht miteinander gesprochen
wurde". Anstatt jetzt gegen Entwicklungen am Markt anzukämpfen, die
sich ohnehin nicht verhindern ließen, müsse man Lösungen finden, um
die Innenstädte zu schützen. "Wir müssen überlegen, welche Vorzüge
wir gegenüber den fabrikähnlichen Verkaufshallen haben", sagt
Lehmann - zum Beispiel "individuelle Beratung und hochpreisige
Lage".
Als Befürworter des vor Jahren geplanten FOC
in Selbitz habe er auch nichts gegen das Projekt in Selb. "Damals in
Selbitz hätte man allerdings das Kundenpotenzial von der A 9
abschöpfen können." In Selb kämen die Kunden dann wohl doch eher aus
Hochfranken. |