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Erschienen in der Frankenpost am 24.09.2009 

Leo Reichel

Entscheid ohne Entscheidungsgewalt?

 
Hof - Was wäre, wenn der Bürgerentscheid zum "Hofer Himmel", egal wie er ausgeht, keine große Wirkung hätte? Was wäre, wenn die Mehrzahl der Bürger mit "Nein" votieren, die Stadt das Projekt aber mit der gleichen Geschwindigkeit weiter voran treiben könnte, wie sie es bei einem "Ja" tun würde? Was wäre, wenn das Ergebnis vom Sonntag nächstes Jahr wieder auf die Probe gestellt würde? All das könnte passieren, einiges davon ist sogar nicht mal unwahrscheinlich, wenn das Ergebnis des Bürgerentscheids vom kommenden Sonntag feststeht.

Zunächst zur Gesetzeslage: Nach Artikel 18 Absatz 13 der Bayerischen Gemeindeordnung entspricht das Ergebnis eines Bürgerentscheids in seiner Qualität einem Beschluss des Stadtrats. Es ist für ihn ein Jahr lang bindend. "Das heißt, der Stadtrat darf ein Jahr lang nicht entgegen dieser Meinung agieren, er darf in dieser Zeit auch keinen Beschluss fällen, der das Ergebnis des Bürgerentscheids aufhebt", erklärt Leo Reichel, bei der Stadt Hof Leiter der Zentralen Steuerung. Der besagte Absatz der Gemeindeordnung verhindert, dass sich der Stadtrat zeitnah über die Bürgerentscheidung hinwegsetzen könnte.

Beim konkreten Beispiel "Hofer Himmel" gibt es nun zwei Möglichkeiten:

Beispiel 1: Die Mehrzahl der Bürger stimmt für den Bau des "Himmels". Die Stadt könnte Planung und Umsetzung fortführen. Die "Himmel"-Gegner könnten theoretisch, so zeitnah sie möchten, ein neues Bürgerbegehren auf den Weg bringen - besagte Klausel in der Gemeindeordnung gilt nur als Sperrfrist für kommunale Gremien.

Beispiel 2: Die Mehrzahl der Bürger stimmt gegen den Bau des "Himmels". Ein Jahr lang dürfte der Stadtrat keinen anderslautenden Beschluss fällen, ein Jahr lang dürfte er sich nicht an die Umsetzung seiner bisherigen Planungen machen. "So lange dürften für das Projekt keine Bagger in der Altstadt rollen", sagt Reichel. Nicht verhindern könne die Sperre jedoch eventuelle weitere Planungen: "Die dürften weitergehen - nach dem Motto: Die Gedanken sind frei." Nach einem Jahr schließlich könnte die Stadt doch noch mit dem Bau beginnen, es sei denn, die Gegner hätten dann mit einem erneuten Bürgerentscheid Erfolg.

Das Absurde an der Situation: Egal, wie die Bürgermeinung ausfällt, das Projekt könnte sowieso nur mit der Geschwindigkeit umgesetzt werden, die die Möglichkeiten der Stadt zulassen. Dass der Bau binnen Jahresfrist beginnt, ist im Moment aufgrund der Finanzlage nicht unbedingt wahrscheinlich.

Der Entscheid ist für Leo Reichel deshalb in erster Linie ein Stimmungsbarometer: "Wenn der Stadtrat sehen würde, dass zum Beispiel tatsächlich drei Viertel der Bevölkerung für das Projekt sind, hätte das sicherlich Auswirkungen auf seine weitere Arbeit." Nur mit einer wirklich breiten Ablehnung aus der Bevölkerung würde das Projekt wohl tatsächlich ganz verworfen werden. Christoph Plass

 

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